Leitfaden Gesundheitsbewußt modernisieren - Siegwart, Michael
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8.2.1.3 Schwachgebundene und festgebundene<br />
Asbestprodukte<br />
8.2 Beschreibung der Schadstoffe<br />
8.2.1 Asbest<br />
8.2.1.1 Stoffbeschreibung<br />
Asbest ist ein faseriges Erdgestein, das wegen seiner<br />
positiven technischen Eigenschaften in der Vergangenheit<br />
vielfältig eingesetzt wurde, insbesondere auch im<br />
Baubereich. Hochkonzentriert (bis 100 %) wurde Asbest<br />
für Aufgaben des Brand-, Wärme- und Schallschutzes<br />
verwendet, wenn keine nennenswerten statischen Anforderungen<br />
gestellt wurden. In niedrigeren Konzentrationen<br />
bis ca. 15 % wurden Asbestfasern eingesetzt, um<br />
Materialien zu verfestigen, das Bruch- und Biegeverhalten<br />
zu verbessern (z. B. bei Asbestzement) oder um die<br />
Elastizität zu erhöhen (z. B. bei Klebern und Dichtungen).<br />
Asbesthaltige Bauprodukte wurden hauptsächlich<br />
in den 1960er und 1970er Jahren verwendet. Seit 1993<br />
besteht in Deutschland ein allgemeines, zum Schutz der<br />
Gesundheit und der Umwelt erlassenes Asbestverbot, das<br />
in der Gefahrstoffverordnung verankert ist. Die Gefährdungsbeurteilung<br />
und die Feststellung der Sanierungsdringlichkeit<br />
sind für schwachgebundene Asbest-Produkte<br />
(Definition siehe Abschn. 8.2.1.3) in der Asbest-<br />
Richtlinie gesetzlich geregelt.<br />
In asbesthaltigen Bauprodukten kommt der Asbest zusammen<br />
mit anderen Materialien wie Gips, Zellulose-Fasern,<br />
Kunststoff oder Zement vor. Von diesen Stoffen und vom<br />
Asbestanteil ist es abhängig, ob die Asbestfasern leicht<br />
freigesetzt werden können oder ob sie fest im Material<br />
eingebunden sind. Nach ihrem Gefährdungspotenzial werden<br />
asbesthaltige Bauprodukte in zwei Gruppen unterteilt.<br />
Schwachgebundene Asbestprodukte sind solche mit<br />
einer Rohdichte kleiner 1.000 kg/m 3 . Sie sind relativ<br />
weich, ihr Asbestgehalt beträgt 20–100 %. Schwachgebundene<br />
Asbestprodukte wurden überwiegend zum<br />
Brand- und Wärmeschutz eingesetzt. Dazu gehören<br />
z. B. Asbestschnüre, asbesthaltige Leichtbauplatten<br />
(„Promabest“) und Asbestpappen. Diese Produkte fallen<br />
in den Geltungsbereich der Asbest-Richtlinie.<br />
Wegen des im Vergleich zu festgebundenen Asbestprodukten<br />
geringen Bindemittelanteils können<br />
Asbestfasern aus solchen Materialien relativ leicht<br />
freigesetzt werden. Die Verwendung schwachgebundener<br />
Asbestprodukte im Baubereich ist seit 1982 bis<br />
auf wenige Ausnahmen (Brandschutzklappen) verboten.<br />
Die Bewertung und Feststellung der Sanierungsdringlichkeit<br />
schwachgebundener Asbestprodukte in<br />
Gebäuden ist in der Asbest-Richtlinie NRW geregelt.<br />
Danach ist der Wohnungs- bzw. Hauseigentümer verantwortlich<br />
für die Untersuchung und die eventuell<br />
erforderlichen Maßnahmen.<br />
8.2.1.2 Gesundheitsgefahren<br />
Asbest wirkt langfristig, d. h., er kann chronische Krankheiten<br />
verursachen; kurzfristige Gesundheitsbeschwerden<br />
nach Einatmen von Asbestfasern sind nicht bekannt.<br />
Asbestfasern sind etwa 10.000-mal dünner als ein<br />
menschliches Haar und können bis in die feinsten Lungenverästelungen,<br />
die Alveolen, gelangen. Dort können<br />
sie sich festsetzen oder das Lungengewebe durchdringen<br />
und in das Bauch- und Rippenfell gelangen. Der menschliche<br />
Körper kann Asbestfasern nicht unschädlich<br />
machen. Asbestbedingte Tumorerkrankungen treten im<br />
Allgemeinen erst Jahrzehnte nach einer Belastung auf.<br />
Nach dem Gefahrstoffrecht ist Asbest in die höchste Kategorie<br />
der krebserzeugenden Stoffe (K1) eingestuft. Das<br />
Risiko steigt mit der Höhe der Asbestfaserkonzentration<br />
in der eingeatmeten Luft, mit der Dauer der Einwirkung<br />
und mit der Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Asbestaufnahme.<br />
Daher sind Kinder und Jugendliche besonders<br />
gefährdet. Beim Zusammentreffen von Asbestfaserstaub-<br />
Einwirkung und Zigarettenrauch kommt es zu einer etwa<br />
50fachen Steigerung des Lungenkrebsrisikos. Wie für<br />
andere krebserzeugende Stoffe auch, kann eine unschädliche<br />
Asbestfaserkonzentration in der Atemluft nicht<br />
angegeben werden. Die Aufnahme von Asbestfasern muss<br />
daher so weit wie möglich minimiert werden.<br />
Festgebundene Asbestprodukte sind solche mit einer<br />
Rohdichte größer 1.000 kg/m 3 . Der Asbestgehalt<br />
beträgt bis ca. 15 %. Bei den Produkten handelt sich<br />
um Mischungen von Asbest und Zement bei Platten für<br />
Dächer und Fasaden, Lüftungsrohren, Fensterbänken<br />
u. ä. bzw. Asbest und PVC bei Floor-Flex-Fußbodenplatten<br />
bzw. Asbest und Bitumen/Teer bei Fußbodenklebern.<br />
Die von Zement oder Kunststoff umschlossenen<br />
Fasern erhöhen die Festigkeit der Produkte.<br />
Wegen des vergleichsweise geringen Asbestgehalts<br />
(bis ca. 15 %) bei gleichzeitig hohem Anteil von<br />
Zement oder Kunststoff als Bindemittel ist die Gefahr<br />
einer Faserfreisetzung gering, solange die Materialien<br />
in einem guten Zustand sind. Festgebundene Asbestprodukte<br />
fallen nicht in den Geltungsbereich der<br />
Asbest-Richtlinie. Für Wohnungs- bzw. Hauseigentümer<br />
gibt es keine Verpflichtung, eine Gefährdungsbeurteilung<br />
durchführen zu lassen. Damit besteht auch<br />
kein generelles Sanierungsgebot.<br />
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