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Diaspora und Migranten gemeinschaften aus der Türkei in der ...

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Familie <strong>und</strong> Generationenbeziehungen<br />

In <strong>Migranten</strong>familien kommen zum generellen<br />

Generationenkonflikt zwischen<br />

Eltern <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>n erschwerend die verschiedenen<br />

kulturellen Erfahrungsh<strong>in</strong>tergründe<br />

h<strong>in</strong>zu, die sich oft stark unterscheiden.<br />

Viele <strong>der</strong> Personen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Schweiz stammen <strong>aus</strong> ländlichen Gebieten<br />

mit e<strong>in</strong>em schlechteren Schulsystem<br />

<strong>und</strong> wenig Möglichkeiten bezüglich e<strong>in</strong>es<br />

Bildungsaufstiegs. Die Eltern-K<strong>in</strong>d-Beziehungen<br />

s<strong>in</strong>d oftmals stark hierarchisiert<br />

<strong>und</strong> Respekt <strong>und</strong> Achtung vor <strong>der</strong> älteren<br />

Person spielen e<strong>in</strong>e grosse Rolle. Im traditionellen<br />

Familienmodell steht die Ehre <strong>der</strong><br />

Familie <strong>und</strong> <strong>der</strong> Frauen im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>.<br />

Es ist die Aufgabe <strong>der</strong> Familie, diese re<strong>in</strong><br />

zu halten, um den eigenen sozialen Status<br />

<strong>und</strong> das Ansehen nicht zu gefährden.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d die Frauen oft <strong>der</strong><br />

Kontrolle ihrer Angehörigen <strong>aus</strong>gesetzt.<br />

Dies betrifft <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die jungen, noch<br />

unverheirateten Frauen e<strong>in</strong>er Familie. S<strong>in</strong>d<br />

sie verheiratet, geht die Verantwortung<br />

für ihre Ehre <strong>in</strong> die Hände <strong>der</strong> Familie ihres<br />

Ehemannes über. Die junge Braut verlässt<br />

das Elternh<strong>aus</strong> <strong>und</strong> zieht zur Familie des<br />

Mannes (Schiffauer 1983).<br />

In e<strong>in</strong>em traditionellen Familienmodell werden<br />

Söhne eher zu Unabhängigkeit <strong>und</strong><br />

Autorität erzogen, Töchter zu Ergebenheit<br />

<strong>und</strong> Loyalität (Fuhrer <strong>und</strong> Uslucan 2005).<br />

Obwohl sich bei Weitem nicht alle Personen<br />

mit türkischer Staatsbürgerschaft <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Schweiz an e<strong>in</strong>em traditionellen Familienmodell<br />

orientieren, hat die Familie als<br />

Institution e<strong>in</strong>e zentrale Bedeutung. 45 %<br />

96<br />

<strong>der</strong> Personen mit türkischer Staatsbürgerschaft<br />

leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em H<strong>aus</strong>halt von vier<br />

<strong>und</strong> mehr Personen, während dieser Prozentsatz<br />

für re<strong>in</strong> schweizerische H<strong>aus</strong>halte<br />

bei ca. 19 % liegt. Hier gilt es anzumerken,<br />

dass die Grösse e<strong>in</strong>es H<strong>aus</strong>haltes natürlich<br />

auch e<strong>in</strong> Indikator für E<strong>in</strong>kommensunterschiede<br />

se<strong>in</strong> kann.<br />

Spannungen zwischen Eltern <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

gibt es laut den Fachpersonen vor allem<br />

<strong>in</strong> Familien, die sich an e<strong>in</strong>em traditionellen<br />

Familienmodell orientieren. Hier ist die<br />

Kluft zwischen <strong>der</strong> kulturellen Lebenswelt<br />

<strong>der</strong> Eltern <strong>und</strong> <strong>der</strong>jenigen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

gross. K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die <strong>in</strong> Schweizer<br />

Kontexten aufwachsen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Ansichten<br />

<strong>und</strong> Werte haben, lernen, diese auch zu<br />

vertreten, was zum pr<strong>in</strong>zipiellen H<strong>in</strong>terfragen<br />

<strong>der</strong> elterlichen Traditionen <strong>und</strong> Werte<br />

führen kann. Über Probleme zu sprechen<br />

<strong>und</strong> Regeln zu verhandeln, ist <strong>in</strong>nerhalb<br />

traditionalistischer, patriarchaler Strukturen<br />

nicht leicht. Die dar<strong>aus</strong> entstehenden Konflikte<br />

werden von den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n oft dadurch<br />

gelöst, dass sie e<strong>in</strong>e Art Doppelleben führen:<br />

zu H<strong>aus</strong>e nach den kulturellen Wertvorstellungen<br />

<strong>der</strong> Eltern, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule, am<br />

Arbeitsplatz <strong>und</strong> unter Fre<strong>und</strong>en, die nicht<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> stammen, nach den dort<br />

vorherrschenden Normen.<br />

Die soziale Kontrolle muss nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

von den Eltern <strong>aus</strong>gehen, son<strong>der</strong>n<br />

kann auch durch Bekannte <strong>und</strong> Verwandte<br />

o<strong>der</strong> – wenn vorhanden – durch die Dorfgeme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>aus</strong>geübt werden, <strong>der</strong>en<br />

Wertvorstellungen sich die Eltern beugen.<br />

Im schlimmsten Fall kommt es vor, dass<br />

solche Konflikte gewalttätig <strong>aus</strong>getragen

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