Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia
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erkennen, in jeder uns beliebenden Form des Erkennens. Don Juan behauptete, daß<br />
»die Welt erkennen« die Wahrnehmung all dessen bedeutet, was uns entgegentritt.<br />
Dieses bestimmte »Erkennen« geschieht mit unseren Sinnen und mit unserem<br />
Willen. Ich fragte ihn, ob der Wille ein sechster Sinn sei. Er sagte, er sei eher eine<br />
Beziehung zwischen uns und der erkannten Welt.<br />
Ich schlug vor, wir sollten halten, damit ich mir Notizen machen konnte. Er lachte und<br />
ging weiter. An diesem Abend schickte er mich nicht fort, und am nächsten Tag<br />
brachte er nach dem Frühstück selbst das Gespräch auf den Willen.<br />
»Das, was du Wille nennst, ist Charakter und starke Veranlagung«, sagte er. »Was<br />
ein Zauberer Wille nennt, ist eine Kraft, die von innen kommt und sich an die Welt<br />
<strong>do</strong>rt draußen heftet. Sie kommt aus dem Bauch, genau <strong>do</strong>rt, wo die leuchtenden<br />
Fasern sind.«<br />
Er rieb seinen Nabel, um die Stelle anzudeuten. »Ich sage, daß sie hier rauskommt,<br />
weil man spüren kann, wie sie herauskommt.« »Warum nennst du sie Wille?«<br />
»Ich nenne sie überhaupt nicht irgendwie. Mein Wohltäter nannte sie Wille, und<br />
<strong>andere</strong> Wissende nennen sie Wille.« »Gestern sagtest du, daß man die Welt sowohl<br />
mit den Sinnen als auch mit dem Willen erkennen kann. Wie ist das möglich?« »Ein<br />
Durchschnittsmensch kann die Dinge der Welt nur mit seinen Händen oder seinen<br />
Augen oder seinen Ohren greifen, aber ein Zauberer kann sie auch mit seiner Nase<br />
oder seiner Zunge oder seinem Willen greifen, besonders mit seinem Willen. Ich<br />
kann nicht wirklich beschreiben, wie das geschieht, aber du selbst kannst mir zum<br />
Beispiel auch nicht beschreiben, wie du hörst. Zufällig kann auch ich hören, und so<br />
sprechen wir über das, was wir hören, aber nicht darüber, wie wir hören. Ein<br />
Zauberer benutzt seinen Willen, um die Welt zu erkennen. Dieses Erkennen ist<br />
je<strong>do</strong>ch nicht wie Hören. Wenn wir die Welt anschauen und wenn wir sie hören, dann<br />
haben wir den Eindruck, daß sie da draußen ist und daß sie real ist. Wenn wir die<br />
Welt mit unserem Willen erkennen, dann wissen wir, daß sie gar nicht so sehr >da<br />
draußen< oder >real< ist, wie wir glauben.«<br />
»Ist der Wille dasselbe wie das Sehen?« »Nein. Der Wille ist eine Kraft, eine Macht.<br />
Sehen ist nicht eine Kraft, sondern eher eine Art, die Dinge zu durchdringen. Ein<br />
Zauberer mag einen sehr starken Willen haben und daher vielleicht <strong>do</strong>ch nicht sehen<br />
können; woraus sich ergibt, daß nur ein Wissender die Welt mit seinen Sinnen und<br />
mit seinem Willen und auch durch sein Sehen erkennt.« Ich sagte ihm, daß ich nun<br />
noch weniger als vorher wüßte, wie ich meinen Willen benutzen sollte, um den<br />
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