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Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

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an. Er hob sogar den Kopf, oder er machte eine Bewegung, die mir zweifelsfrei<br />

anzeigte, daß er mich gesehen hatte. Er streckte seinen linken Arm nach vorn und<br />

deutete auf den Boden, und den Arm in dieser Stellung haltend, begann er auf mich<br />

zuzugehen.<br />

»Er kommt«, schrie ich ohne jede Schwierigkeit. Don Juan mußte wohl meinen Kopf<br />

beiseite gedreht haben, denn als nächstes sah ich den Chaparral. Er befahl mir, die<br />

Dinge nicht »anzustarren«, sondern den Blick »leicht« über sie hinweggleiten zu<br />

lassen. Er sagte, er würde sich kurz vor mir aufstellen und dann auf mich zugehen,<br />

und ich sollte ihn direkt anschauen, bis ich sein Glühen sähe.<br />

Ich sah, wie Don Juan zu einer Stelle ging, die vielleicht zwanzig Meter entfernt war.<br />

Er ging mit unglaublicher Geschwindigkeit und Behendigkeit, ich konnte kaum<br />

glauben, daß es Don Juan war. Er drehte sich um, sah mich an und befahl mir, ihn<br />

anzustarren.<br />

Sein Gesicht glühte. Es sah aus wie ein Lichtfleck. Das Licht schien fast seine ganze<br />

Brust zu überfluten. Es war, als sähe ich durch die halbgeschlossenen Augenlider in<br />

ein Licht. Das Leuchten schien sich auszudehnen und wieder zusammenzuziehen.<br />

Er hatte offenbar begonnen, auf mich zuzugehen, denn das Licht wurde stärker und<br />

deutlicher sichtbar. Er sagte etwas zu mir. Ich gab mir Mühe, ihn zu verstehen und<br />

verlor das Leuchten aus den Augen, und dann sah ich Don Juan, so wie ich ihn<br />

täglich sehe. Er war ein paar Meter von mir entfernt. Er setzte sich mir gegenüber.<br />

Als ich meine Aufmerksamkeit wieder auf sein Gesicht heftete, nahm ich ein vages<br />

Leuchten wahr. Dann war es, als sei sein Gesicht kreuz und quer von Lichtstrahlen<br />

überzogen. Don Juans Gesicht sah aus, als ob jemand das Sonnenlicht mit kleinen<br />

Spiegeln darauf reflektierte. Als das Leuchten intensiver wurde, verloren sich die<br />

Umrisse des Gesichts, und wieder war ein amorphes, leuchtendes Objekt an seiner<br />

Stelle. Wieder bemerkte ich den Effekt der pulsierenden Lichtexplosionen, die von<br />

der Stelle ausgingen, wo sein linkes Auge sein mußte. Ich konzentrierte meine<br />

Aufmerksamkeit nicht darauf, sondern starrte absichtlich eine Stelle daneben an, wo<br />

ich sein rechtes Auge vermutete. Auf einmal sah ich eine klare, durchscheinende<br />

Lichtlache. Es war ein flüssiges Licht. Ich stellte fest, daß diese Wahrnehmung mehr<br />

als ein Anblick war; es war ein Gefühl. Die Lache dunklen flüssigen Lichts hatte eine<br />

außerordentliche Tiefe. Sie wirkte »freundlich«, »angenehm«. Das Licht, das ihr<br />

entströmte, explodierte nicht, sondern wirbelte langsam einwärts, wobei es herrliche<br />

Reflexe hervorrief. Dieses Leuchten rührte mich auf so liebliche und zarte Weise an,<br />

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