23.06.2014 Aufrufe

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Phänomen der Zauberei so darzustellen, wie es mir vorgeführt wurde. Als<br />

Beobachter protokollierte ich das, was ich beobachtete, und im Augenblick der<br />

Niederschrift war ich bemüht, mein Urteil hintanzustellen.<br />

Teil l Die Vorbereitungen auf das Sehen<br />

1.<br />

2. April 1968<br />

Don Juan schaute mich kurz an und schien gar nicht überrascht, mich zu sehen,<br />

obwohl zwei Jahre vergangen waren, seit ich ihn zum letzten Mal besucht hatte. Er<br />

legte mir die Hand auf die Schulter, lächelte freundlich und sagte, ich hätte mich<br />

verändert, ich würde dick und weichlich. Ich hatte ihm ein Exemplar meines Buches<br />

mitgebracht. Ohne einleitende Worte nahm ich es aus meiner Aktentasche und<br />

reichte es ihm.<br />

»Das ist ein Buch über dich, Don Juan«, sagte ich. Er nahm es und ließ die Seiten<br />

wie ein Kartenspiel durch die Finger gleiten. Die grüne Farbe des Schutzumschlags<br />

und das Format des Buches gefielen ihm. Er befühlte den Einband mit der flachen<br />

Hand, wendete das Buch ein paarmal hin und her und reichte es mir zurück. Stolz<br />

wallte in mir auf. »Du sollst es behalten«, sagte ich. Er schüttelte den Kopf und lachte<br />

leise. »Lieber nicht«, sagte er und fügte mit breitem Grinsen hinzu: »Du weißt ja,<br />

wofür wir in Mexiko Papier verwenden.« Ich lachte. Ich fand seine ironische<br />

Anspielung sehr komisch. Wir saßen auf einer Bank im Park einer kleinen Stadt im<br />

Bergland von Zentralmexiko. Es war mir nicht möglich gewesen, ihm meinen Besuch<br />

im voraus anzukündigen, aber ich war sicher, daß ich ihn finden würde, und so war<br />

es auch. Ich brauchte nur kurze Zeit in dieser Stadt zu warten, bis Don Juan aus den<br />

Bergen herunterkam und ich ihn auf dem Marktplatz am Stand eines seiner Freunde<br />

traf. Don Juan erklärte mir unvermittelt, ich sei gerade rechtzeitig gekommen, um ihn<br />

nach Sonora mitzunehmen, und nun saßen wir im Park und warteten auf einen<br />

Freund von ihm, einen Mazatec-Indianer, der bei ihm wohnte. Wir warteten etwa drei<br />

Stunden. Wir unterhielten uns über verschiedene Nebensächlichkeiten, und gegen<br />

Ende des Tages, kurz bevor sein Freund eintraf, berichtete ich ihm von einigen<br />

Vorfällen, die ich vor ein paar Tagen miterlebt hatte. Auf meinem Weg zu Don Juan<br />

hatte mein Wagen am Rand einer Stadt eine Panne gehabt, und bis er repariert<br />

wurde, mußte ich drei Tage in dieser Stadt bleiben. Zwar gab es gegenüber der<br />

Autowerkstätte ein Motel, aber die Randgebiete von Städten haben für mich immer<br />

Seite 17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!