23.06.2014 Aufrufe

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

auf. Nach einer langen, quälenden Pause hörte ich in der Ferne das Knacken<br />

zerbrechender Äste. Die Geräusche waren nicht mehr neben mir. Es war, als hätten<br />

sie sich an eine <strong>andere</strong>, weit von mir entfernte Stelle zurückgezogen. Die Laute<br />

brechender Äste vermischten sich im nächsten Moment mit dem Rascheln von<br />

Blättern, als werde der ganze Hügel von einem starken Windstoß erschüttert. Alle<br />

Büsche um mich her schienen zu beben, und <strong>do</strong>ch war es kein Wind.<br />

Das Rascheln und die knackenden Zweige riefen den Eindruck hervor, als brenne<br />

der ganze Hügel. Mein Körper war wie zu Stein erstarrt. Ich schwitzte entsetzlich. Mir<br />

wurde immer heißer und heißer. <strong>Eine</strong>n Augenblick war ich fest davon überzeugt, daß<br />

der Hügel brannte. Ich sprang nicht auf, um davonzulaufen, weil mein Körper sich so<br />

taub anfühlte, daß ich wie gelähmt war. Ich konnte nicht einmal die Augen öffnen. In<br />

diesem Moment zählte für mich nur eines — aufstehen und dem Feuer entkommen.<br />

Ich hatte furchtbare Magenkrämpfe, die mir das Atemholen unmöglich zu machen<br />

begannen. Der Versuch, Luft zu holen, war sehr mühsam. Nach langem Kampf war<br />

ich wieder fähig, tiefe Atemzüge zu machen, und ich konnte auch feststellen, daß das<br />

Rascheln abgeklungen war. Nur noch von Zeit zu Zeit waren einige krachende Laute<br />

zu hören. Das Geräusch brechender Äste entfernte sich weiter und weiter und wurde<br />

immer sporadischer, bis es ganz aufhörte.<br />

Ich konnte die Augen öffnen. Aus halboffenen Augen sah ich auf den Boden unter<br />

mir. Es war beinah Tag. Ich wartete noch eine Weile, ohne mich zu bewegen, und<br />

dann begann ich meine Glieder auszustrecken. Ich drehte mich auf den Rücken. Die<br />

Sonne stand über den Hügeln im Osten.<br />

Ich brauchte Stunden, um meine Beine zu strecken und mich den Hügel<br />

hinabzuschleppen. Ich machte mich zu der Stelle auf den Weg, wo Don Juan mich<br />

verlassen hatte. Sie war vielleicht eine Meile entfernt, <strong>do</strong>ch bis zum Nachmittag hatte<br />

ich kaum den Saum des Wäldchens erreicht, immer noch eine gute Viertelmeile vom<br />

Ziel entfernt.<br />

Ich konnte nicht mehr gehen, um keinen Preis. Mir fielen die Berglöwen ein, und ich<br />

versuchte auf einen Baum zu klettern, aber meine Arme trugen mein Gewicht nicht<br />

mehr. Ich lehnte mich gegen einen Felsen und beschloß, hier zu sterben. Ich war<br />

überzeugt, daß ich als Fraß für Berglöwen oder <strong>andere</strong> Raubtiere enden würde. Ich<br />

hatte nicht einmal die Kraft, einen Stein zu werfen. Ich hatte weder Hunger noch<br />

Durst. Gegen Mittag hatte ich einen kleinen Bach gefunden und viel Wasser<br />

getrunken, aber das hatte mir nicht geholfen, meine Kraft wiederzugewinnen. Wie ich<br />

Seite 216

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!