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Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

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»Nun gut!« sagte ich mit einer dramatischen Geste. »Ich will nicht länger um den<br />

heißen Brei herumgehen. Ich werde rauchen.«<br />

Er lachte über meine theatralische Eröffnung. »Nicht so schnell«, sagte er. »Du<br />

hängst dich immer an die falschen Dinge. Jetzt glaubst du, du brauchtest nur zu<br />

beschließen, dich vom Rauch führen zu lassen, um auch schon zu sehen. Dazu ist<br />

viel mehr nötig. Bei allem ist immer viel mehr nötig.«<br />

Er wurde einen Augenblick ernst.<br />

»Ich bin sehr vorsichtig mit dir umgegangen, und meine Handlungen waren immer<br />

wohlüberlegt«, sagte er, »weil es Mescalitos Wunsch ist, daß du mein Wissen<br />

verstehst. Aber ich weiß, daß ich nicht die Zeit haben werde, dich alles zu lehren,<br />

was ich möchte. Ich werde nur die Zeit haben, dich auf den Weg zu führen, und muß<br />

darauf vertrauen, daß du weitersuchen wirst, genau wie ich es getan habe. Ich muß<br />

zugeben, daß du schwerfälliger und eigensinniger bist als ich. Aber du hast <strong>andere</strong><br />

Ansichten, und die Richtung, die dein Leben nehmen wird, ist etwas, das ich nicht<br />

vorhersehen kann.« Der besonnene Ton seiner Stimme und irgend etwas in seiner<br />

Haltung riefen ein altbekanntes Gefühl in mir hervor, eine Mischung aus Furcht,<br />

Einsamkeit und Erwartung. »Bald werden wir wissen, woran du bist«, sagte er<br />

geheimnisvoll. Er sagte nichts mehr. Nach einiger Zeit ging er aus dem Haus. Ich<br />

folgte ihm und stand vor ihm, unschlüssig, ob ich mich setzen sollte oder ein paar<br />

Pakete, die ich ihm mitgebracht hatte, aus dem Wagen holen sollte. »Wird es<br />

gefährlich sein?« fragte ich, nur um etwas zu sagen.<br />

«Alles ist gefährlich«, sagte er.<br />

Don Juan schien nicht gewillt, mir mehr zu sagen; er nahm einige kleine Bündel, die<br />

in einer Ecke aufgeschichtet lagen, und tat sie in ein Tragnetz. Ich bot ihm nicht an,<br />

ihm zu helfen, denn ich wußte, daß er, wenn er meine Hilfe wünschte, mich darum<br />

bitten würde. Dann legte er sich auf seine Strohmatte. Er sagte mir, ich solle mich<br />

entspannen und ausruhen. Ich legte mich auf meine Matte und versuchte zu<br />

schlafen, aber ich war nicht müde. Am Abend zuvor war ich in einem Motel<br />

abgestiegen, da ich wußte, daß es nur noch eine Fahrt von drei Stunden bis zu Don<br />

Juan war. Auch er schlief nicht. Seine Augen waren zwar geschlossen, aber ich<br />

stellte fest, daß sein Kopf sich fast unmerklich rhythmisch bewegte. Mir kam der<br />

Gedanke, daß er vielleicht lautlos in sich hinein sang. »Wir wollen etwas essen«,<br />

sagte Don Juan plötzlich, und seine Stimme ließ mich aufmerken. »Du wirst deine<br />

ganze Energie brauchen. Du solltest in guter Verfassung sein.«<br />

Seite 97

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