Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia
Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia
Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Technik, die man lernen muß. Oder vielleicht ist es eine Technik, die manche von<br />
uns bereits kennen.«<br />
Er sah mich bedeutungsvoll an, als wolle er damit andeuten, daß ich zu denen<br />
gehörte, die die Technik bereits beherrschten.<br />
»Bist du stark genug für einen Spaziergang?« fragte er. Ich sagte, daß ich mich gut<br />
fühlte, was auch der Fall war. Ich war nicht hungrig, obwohl ich den ganzen Tag<br />
nichts gegessen hatte. Don Juan tat etwas Brot und ein paar Stücke Trockenfleisch<br />
in einen Rucksack, reichte ihn mir und forderte mich mit einer Kopfbewegung auf,<br />
ihm zu folgen. »Wohin gehen wir?« fragte ich.<br />
Er deutete mit dem Kopf zu den Bergen hinüber. Wir schlugen den Weg zu der<br />
Schlucht ein, wo das Wasserloch war, aber wir gingen nicht hinein. Don Juan<br />
kletterte auf die Felsen rechts am Eingang der Schlucht. Wir stiegen den Berg hinauf.<br />
Die Sonne stand knapp über dem Horizont. Es war ein milder Tag, aber mir war heiß,<br />
und ich bekam keine Luft. Ich konnte kaum atmen.<br />
Don Juan war ein ganzes Stück voraus und mußte stehenbleiben, damit ich ihn<br />
einholen konnte. Er sagte, ich sei in einer schlimmen körperlichen Verfassung, und<br />
vielleicht sollten wir lieber nicht weitergehen. Er ließ mich über eine Stunde lang<br />
ausruhen. Er suchte einen glatten, fast runden Felsblock aus und sagte mir, ich solle<br />
mich drauflegen. Er brachte meinen Körper auf dem Felsen in die richtige Lage. Er<br />
befahl mir, Arme und Beine auszustrecken und sie hängenzulassen. Mein Rücken<br />
war leicht durchgebogen und mein Genick war entspannt, so daß auch mein Kopf<br />
locker hing. In dieser Haltung ließ er mich etwa fünfzehn Minuten verweilen. Dann<br />
sagte er, ich solle meinen Unterleib frei machen. Er wählte sorgfältig einige Zweige<br />
und Blätter aus und häufte sie auf meinen nackten Bauch. Augenblicklich spürte ich<br />
eine Hitze, die sich über meinen ganzen Körper verbreitete. Dann packte mich Don<br />
Juan an den Füßen und drehte mich, bis mein Kopf nach Sü<strong>do</strong>sten zeigte.<br />
»Jetzt wollen wir den Geist des Wasserloches rufen«, sagte er. Ich versuchte den<br />
Kopf zu drehen und ihn anzusehen. Er packte mich heftig an den Haaren und sagte,<br />
ich sei in einer sehr verletzbaren Stellung und in einem fürchterlichen körperlichen<br />
Zustand und müsse mich ruhig und bewegungslos halten. Er hätte diese besonderen<br />
Zweige auf meinen Bauch gelegt, um mich zu schützen, und würde bei mir bleiben<br />
für den Fall, daß ich nicht auf mich aufpassen könne. Er stand hinter meinem Kopf,<br />
und wenn ich die Augen verdrehte, konnte ich ihn sehen. Er nahm seine Saite und<br />
spannte sie, dann merkte er, daß ich ihn ansah, indem ich die Augen nach oben<br />
Seite 144