Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia
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Wassergraben festhielt. Ich bekam Wasser in die Nase und fing an zu niesen. Don<br />
Juan zog mich raus und führte mich, der ich immer noch die Augen geschlossen<br />
hielt, ins Haus. Er hieß mich die Kleider wechseln, führte mich in sein Zimmer, setzte<br />
mich auf meine Matte, drehte mich in eine bestimmte Richtung und befahl mir dann,<br />
die Augen zu öffnen. Ich schlug sie auf, und was ich dann sah, ließ mich<br />
zurückfahren und mich an seinem Bein festhalten. Ich erlebte einen Moment<br />
furchtbarer Verwirrung. Er schlug mir mit den Knöcheln auf die Mitte der<br />
Schädeldecke. Es war ein schneller Schlag, weder fest noch schmerzhaft, aber<br />
irgendwie ein Schock. »Was ist mit dir los? Was hast du gesehen?« fragte er. , ,.<br />
Als ich die Augen öffnete, sah ich dieselbe Szene, die ich zuvor beobachtet hatte. Ich<br />
sah den gleichen Mann. Diesmal aber berührte er mich fast. Ich sah sein Gesicht.<br />
Irgendwie war es mir vertraut. Ich wußte beinah, wer es war. Die Szene verschwand<br />
in dem Augenblick, als Don Juan mir auf den Kopf schlug.<br />
Ich sah zu Don Juan auf. Er hielt seine Hand, bereit, mich noch einmal zu schlagen.<br />
Er lachte und fragte, ob ich vielleicht noch einen Schlag wollte. Ich ließ sein Bein los<br />
und streckte mich auf meiner Matte aus. Er befahl mir, geradeaus zu sehen und mich<br />
um keinen Preis in die Richtung des Wassers hinterm Haus umzudrehen.<br />
Dann erst bemerkte ich, daß es stockdunkel im Zimmer war. <strong>Eine</strong>n Moment war ich<br />
nicht sicher, ob ich meine Augen offen hatte. Ich berührte sie mit den Händen, um<br />
mich zu versichern. Ich rief laut nach Don Juan und sagte ihm, daß mit meinen<br />
Augen etwas nicht stimmte. Ich konnte überhaupt nichts sehen, obwohl ich ihn<br />
gerade einen Augenblick zuvor gesehen hatte, bereit mich zu schlagen. Ich hörte<br />
sein Lachen rechts über meinem Kopf, und dann entzündete er seine Kerosinlampe.<br />
Meine Augen gewöhnten sich in Sekunden an das Licht. Alles war, wie es immer<br />
gewesen war. Die lehmbeworfenen Flechtwerkwände des Zimmers und die seltsam<br />
verkrümmten getrockneten Pflanzen, die daran hingen, die Kräuterbüschel, das<br />
Strohdach und die von einem Balken herabhängende Kerosinlampe. Ich hatte das<br />
Zimmer Hunderte von Malen gesehen, aber diesmal hatte es, ähnlich meinen<br />
eigenen Empfindungen, etwas Ungewöhnliches, etwas für mich Neues. Dies war das<br />
erstemal, daß ich an der endgültigen »Realität« meiner Wahrnehmungen zweifelte.<br />
Ich war manchmal am Rande dieses Gefühls gestanden und hatte es mir im Geiste<br />
häufig vorgestellt, aber noch nie war ich wirklich mit diesem grundlegenden Zweifel<br />
unmittelbar konfrontiert. Diesmal je<strong>do</strong>ch konnte ich nicht glauben, daß das Zimmer<br />
wirklich war, und einen Moment hatte ich das befremdende Gefühl, daß dies eine<br />
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