23.06.2014 Aufrufe

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wassergraben festhielt. Ich bekam Wasser in die Nase und fing an zu niesen. Don<br />

Juan zog mich raus und führte mich, der ich immer noch die Augen geschlossen<br />

hielt, ins Haus. Er hieß mich die Kleider wechseln, führte mich in sein Zimmer, setzte<br />

mich auf meine Matte, drehte mich in eine bestimmte Richtung und befahl mir dann,<br />

die Augen zu öffnen. Ich schlug sie auf, und was ich dann sah, ließ mich<br />

zurückfahren und mich an seinem Bein festhalten. Ich erlebte einen Moment<br />

furchtbarer Verwirrung. Er schlug mir mit den Knöcheln auf die Mitte der<br />

Schädeldecke. Es war ein schneller Schlag, weder fest noch schmerzhaft, aber<br />

irgendwie ein Schock. »Was ist mit dir los? Was hast du gesehen?« fragte er. , ,.<br />

Als ich die Augen öffnete, sah ich dieselbe Szene, die ich zuvor beobachtet hatte. Ich<br />

sah den gleichen Mann. Diesmal aber berührte er mich fast. Ich sah sein Gesicht.<br />

Irgendwie war es mir vertraut. Ich wußte beinah, wer es war. Die Szene verschwand<br />

in dem Augenblick, als Don Juan mir auf den Kopf schlug.<br />

Ich sah zu Don Juan auf. Er hielt seine Hand, bereit, mich noch einmal zu schlagen.<br />

Er lachte und fragte, ob ich vielleicht noch einen Schlag wollte. Ich ließ sein Bein los<br />

und streckte mich auf meiner Matte aus. Er befahl mir, geradeaus zu sehen und mich<br />

um keinen Preis in die Richtung des Wassers hinterm Haus umzudrehen.<br />

Dann erst bemerkte ich, daß es stockdunkel im Zimmer war. <strong>Eine</strong>n Moment war ich<br />

nicht sicher, ob ich meine Augen offen hatte. Ich berührte sie mit den Händen, um<br />

mich zu versichern. Ich rief laut nach Don Juan und sagte ihm, daß mit meinen<br />

Augen etwas nicht stimmte. Ich konnte überhaupt nichts sehen, obwohl ich ihn<br />

gerade einen Augenblick zuvor gesehen hatte, bereit mich zu schlagen. Ich hörte<br />

sein Lachen rechts über meinem Kopf, und dann entzündete er seine Kerosinlampe.<br />

Meine Augen gewöhnten sich in Sekunden an das Licht. Alles war, wie es immer<br />

gewesen war. Die lehmbeworfenen Flechtwerkwände des Zimmers und die seltsam<br />

verkrümmten getrockneten Pflanzen, die daran hingen, die Kräuterbüschel, das<br />

Strohdach und die von einem Balken herabhängende Kerosinlampe. Ich hatte das<br />

Zimmer Hunderte von Malen gesehen, aber diesmal hatte es, ähnlich meinen<br />

eigenen Empfindungen, etwas Ungewöhnliches, etwas für mich Neues. Dies war das<br />

erstemal, daß ich an der endgültigen »Realität« meiner Wahrnehmungen zweifelte.<br />

Ich war manchmal am Rande dieses Gefühls gestanden und hatte es mir im Geiste<br />

häufig vorgestellt, aber noch nie war ich wirklich mit diesem grundlegenden Zweifel<br />

unmittelbar konfrontiert. Diesmal je<strong>do</strong>ch konnte ich nicht glauben, daß das Zimmer<br />

wirklich war, und einen Moment hatte ich das befremdende Gefühl, daß dies eine<br />

Seite 165

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!