Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia
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»Aber auch ich sehe alles mögliche und bin dennoch kein Wissender.« »Nein, du<br />
siehst nicht.« »Ich glaube wohl.« »Ich sage dir, du siehst nicht.«<br />
»Was veranlaßt dich, das zu behaupten, Don Juan?«<br />
»Du siehst nur die Oberfläche der Dinge.« »Willst du sagen, daß jeder Wissende<br />
durch alles, was er anschaut, hindurchsieht?«<br />
»Nein. So meine ich das nicht. Ich sagte, daß ein Wissender seine besonderen<br />
Vorlieben hat; meine besteht einfach darin, zu sehen und zu wissen; <strong>andere</strong> tun<br />
etwas <strong>andere</strong>s.« »Was zum Beispiel?«<br />
»Nimm Sacateca, er ist ein Wissender, und seine Vorliebe ist das Tanzen. Also tanzt<br />
er und weiß.«<br />
»Ist die Vorliebe eines Wissenden also das, was er tut, um zu wissen?«<br />
»Ja, das ist richtig.«<br />
»Aber wie kann das Tanzen Sacateca zum Wissen verhelfen?«<br />
»Man könnte sagen, Sacateca tanzt mit allem, was er hat.« »Tanzt er so, wie ich<br />
tanze? Ich meine, wie man eben so tanzt?«<br />
»Sagen wir lieber, er tanzt so, wie ich sehe, aber nicht so, wie du vielleicht tanzt.«<br />
»Aber sieht er auch so, wie du siehst?« »Ja, aber außerdem tanzt er.« »Wie tanzt<br />
Sacateca?«<br />
»Das ist schwer zu erklären. Er hat eine besondere Art zu tanzen, wenn er wissen<br />
will. Aber ich kann darüber nicht mehr sagen, als daß es unmöglich ist, über das<br />
Tanzen oder das Sehen zu sprechen, bevor du nicht verstanden hast, in welcher Art<br />
ein Wissender weiß.« »Hast du ihn gesehen, als er tanzte?«<br />
»Ja, aber nicht jeder, der ihm beim Tanzen zuschaut, kann sehen, daß dies seine<br />
besondere Art zu wissen ist.« Ich kannte Sacateca, oder zumindest wußte ich, wer er<br />
war. Wir waren einander einmal begegnet, und ich hatte ihn zu einem Bier<br />
eingeladen. Er war sehr höflich und sagte, ich dürfe ihn gern jederzeit zu Hause<br />
besuchen. Ich spielte lange Zeit mit dem Gedanken, ihn zu besuchen, aber ich<br />
erzählte Don Juan nichts davon.<br />
Am 14. Mai 1962 fuhr ich zu Sacatecas Haus; er hatte mir beschrieben, wie ich<br />
fahren sollte, und so fand ich es ohne weiteres. Es stand an einer Straßenecke und<br />
war rundum von einem Zaun umgeben. Die Pforte war verschlossen. Ich ging um<br />
den Zaun und versuchte, einen Blick ins Innere des Hauses zu werfen. Es schien<br />
leer zu sein.<br />
»Don Elias«, rief ich laut. Die Hühner schreckten auf und liefen wild gackernd<br />
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