23.06.2014 Aufrufe

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

sich ausdrücklich mit der Absicht versammelten, sich in der richtigen Lebensweise<br />

unterrichten zu lassen.<br />

Den Stechapfel und die Pilze sah Don Juan als Mächte <strong>andere</strong>r Art an. Er nannte sie<br />

»Verbündete« und sagte, es sei möglich, sie zu manipulieren; tatsächlich bezöge der<br />

Zauberer seine Kraft durch die Manipulation eines Verbündeten. Don Juan gab von<br />

beiden dem Pilz den Vorzug. Er behauptete, die im Pilz enthaltene Kraft sei sein<br />

persönlicher Verbündeter, und er bezeichnete sie als den »Rauch« oder den<br />

»kleinen Rauch«.<br />

Don Juans Verfahren, die Pilze nutzbar zu machen, bestand darin, daß er sie in einer<br />

kleinen Kalebasse zu einem feinen Pulver zerfallen ließ. Er hielt die Kalebasse ein<br />

Jahr lang verschlossen, und dann vermischte er das feine Pulver mit fünf weiteren<br />

getrockneten Pflanzen und stellte eine Mixtur her, die in einer Pfeife geraucht wurde.<br />

Um ein Wissender zu werden, mußte man dem Verbündeten so oft wie möglich<br />

»begegnen«. Man mußte sich mit ihm vertraut machen. Dies bedeutete natürlich,<br />

daß man die halluzinogene Mixtur ziemlich oft rauchen mußte, und zwar indem man<br />

das feine Pilzpulver, das nicht selbst brannte, zusammen mit dem Rauch der übrigen<br />

vier Pflanzen inhalierte. Die tiefgreifende Wirkung der Pilze auf die<br />

Wahrnehmungsfähigkeit erklärte Don Juan damit, daß »der Verbündete den Körper<br />

fortnahm«.<br />

Don Juans Lehrmethode verlangte vom Lernenden eine außerordentliche<br />

Anstrengung. Das erforderliche Maß an persönlichem Engagement und Einsatz war<br />

sogar so gewaltig, daß ich 1965 die Lehrzeit abbrechen mußte. Mit dem Abstand von<br />

fünf Jahren, die inzwischen verstrichen sind, kann ich heute sagen, daß Don Juans<br />

Lehren damals zu einer ernsten Gefahr für meine »Vorstellung von der Welt«<br />

geworden waren. Ich stand im Begriff, die uns allen gemeinsame Gewißheit zu<br />

verlieren, daß wir die Realität des alltäglichen Lebens als Gegebenheit hinnehmen<br />

dürfen.<br />

Damals, als ich aufhörte, war ich überzeugt, daß meine Entscheidung endgültig sei;<br />

ich wollte Don Juan nie Wiedersehen. Im April 1968 erhielt ich je<strong>do</strong>ch ein<br />

Vorausexemplar meines Buches und fühlte mich verpflichtet, es ihm zu zeigen. Ich<br />

besuchte ihn. Unsere Lehrer-Schüler-Bindung wurde auf geheimnisvolle Weise<br />

wiederbelebt, und damit begann der zweite Zyklus meiner Lehrzeit, der sehr anders<br />

als der erste war. Meine Furcht war nicht mehr so intensiv wie vordem. Der ganze<br />

Gestus von Don Juans Unterweisungen war entspannter.<br />

Seite 9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!