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Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

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»Wenn ein Mann dem Verbündeten, dem Spender von Geheimnissen begegnet,<br />

dann muß er all seinen Mut zusammennehmen und ihn packen, bevor er von ihm<br />

gepackt wird, oder ihn jagen, bevor er von ihm gejagt wird. Die Jagd muß unerbittlich<br />

sein, und dann kommt der Kampf. Der Mann muß den Geist zu Boden ringen und ihn<br />

<strong>do</strong>rt festhalten, bis er ihm Macht verleiht.«<br />

Ich fragte, ob diese Kräfte feste Substanz hätten, ob man sie wirklich berühren<br />

könne. Ich sagte, daß die bloße Vorstellung eines Geistes für mich etwas<br />

Ätherisches bedeute. »Nenne sie nicht Geister», sagte er, »nenn sie Verbündete;<br />

nenn sie unerklärliche Kräfte.« Er schwieg einige Zeit, dann legte er sich auf den<br />

Rücken und stützte den Kopf auf die verschränkten Arme. Ich bestand darauf, zu<br />

erfahren, ob diese Wesen feste Substanz hatten. »Verlaß dich drauf, sie haben<br />

Substanz«, sagte er nach kurzem Schweigen. »Wenn man mit ihnen kämpft, sind sie<br />

fest, aber dieser Eindruck dauert nur einen Augenblick. Diese Wesen bauen auf die<br />

Furcht des Menschen. Wenn daher der Mensch, der mit ihnen kämpft, ein Krieger ist,<br />

verliert das Wesen sehr schnell seine Spannung, während der Mensch immer<br />

kräftiger wird. Man kann tatsächlich die Spannung eines Geistes in sich aufnehmen.«<br />

»Welcher Art Spannung ist das?« fragte ich.<br />

»Macht. Wenn man einen von ihnen berührt, dann vibrieren sie, als seien sie bereit,<br />

dich in Stücke zu reißen. Aber das ist nur Schau. Die Spannung läßt nach, wenn man<br />

seinen Griff nicht lockert.«<br />

»Was passiert, wenn sie ihre Spannung verlieren? Werden sie wie Luft?«<br />

»Nein, sie werden einfach schlaff. Aber sie haben immer noch Substanz. Doch es<br />

läßt sich mit nichts vergleichen, was du je berührt hast.«<br />

Später, im Lauf des Abends, sagte ich ihm, das, was ich gesehen hatte, konnte<br />

vielleicht ein Nachtfalter gewesen sein. Er lachte und erklärte mir sehr geduldig, daß<br />

Falter nur um Glühbirnen herumfliegen, weil Glühbirnen ihnen nicht die Flügel<br />

verbrennen. Ein Feuer dagegen würde sie verbrennen, sobald sie ihm nahekommen.<br />

Er wies auch darauf hin, daß der Schatten das ganze Feuer verdeckte. Als er das<br />

erwähnte, erinnerte ich mich daran, daß der Schatten wirklich extrem groß gewesen<br />

war und daß er mir tatsächlich einen Moment die Sicht auf das Feuer verdeckt hatte.<br />

Das war je<strong>do</strong>ch so schnell geschehen, daß ich mich zuerst nicht daran hatte erinnern<br />

können.<br />

Dann machte er mich darauf aufmerksam, daß die Funken sehr groß gewesen und<br />

nach links geflogen waren. Ich hatte es selbst bemerkt. Ich meinte, wahrscheinlich<br />

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