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Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

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Ich sagte, ich hätte vor, am nächsten Tag aufzubrechen, und während wir<br />

miteinander sprachen, verteilte Benigno die Flaschen. Eligio gab seine Don Juan,<br />

und da es bei den Yaquis als tödliche Beleidigung gilt, etwas, und sei es nur aus<br />

Höflichkeit, zurückzuweisen, nahm Don Juan sie schweigend an. Ich gab meine<br />

Flasche Eligio, und er mußte sie nehmen. Daraufhin reichte Benigno mir die seine.<br />

Aber Lucio, der offenbar dieses ganze Musterbeispiel von Yaqui-Höflichkeit mit den<br />

Augen verfolgt hatte, war mit seiner Limonade schon fertig. Er wandte sich an<br />

Benigno, der traurig dreinblickte, und sagte lachend: »Jetzt haben sie dich um deine<br />

Flasche geprellt.« Don Juan meinte, daß er Limonade nicht mochte, und drückte<br />

Benigno seine Flasche in die Hand. Wir saßen schweigend unter der ramada.<br />

Eligio schien nervös. Er spielte an seiner Hutkrempe herum. »Ich habe darüber<br />

nachgedacht, was du gestern abend erzählt hast«, sagte er zu Don Juan. »Wie kann<br />

Peyote unser Leben verändern? Wie?«<br />

Don Juan antwortete nicht. <strong>Eine</strong>n Augenblick starrte er Eligio unverwandt an und<br />

begann dann, ein Lied in der Yaqui-Sprache zu singen. Es war kein richtiges Lied,<br />

sondern eine kurze Rezitation. Lange saßen wir schweigend da. Dann bat ich Don<br />

Juan, mir die Yaquiworte zu übersetzen. »Das war nur für Yaquis bestimmt«, sagte<br />

er unvermittelt. Ich war enttäuscht. Sicher hatte er etwas sehr Wichtiges gesagt.<br />

»Eligio ist ein Indianer«, sagte Don Juan schließlich zu mir, »und als Indianer besitzt<br />

Eligio nichts. Wir Indianer haben nichts. Alles, was du hier siehst, gehört den Yoris.<br />

Die Yaquis haben nur ihren Zorn und das, was das Land ihnen schenkt.«<br />

Einige Zeit sprach niemand eine Silbe, und dann stand Don Juan auf, sagte Auf<br />

Wiedersehen und ging fort. Wir sahen ihm nach, bis er um eine Straßenecke<br />

verschwand. Wir waren alle irgendwie nervös. Lucio meinte unsicher, sein Großvater<br />

sei wohl gegangen, weil er Hasenbraten nicht mochte. Eligio schien in Gedanken<br />

versunken. Benigno wandte sich an mich und sagte laut: »Ich glaube, Gott wird dich<br />

und Don Juan dafür bestrafen, was ihr tut.«<br />

Lucio fing an zu lachen, und Benigno stimmte ein.<br />

»Du redest Blödsinn«, sagte Eligio finster. »Was du eben gesagt hast, ist einen<br />

Dreck wert.«<br />

15. September 1968<br />

Samstag abend, neun Uhr. Don Juan saß vor Eligio mitten auf der Veranda von<br />

Lucios Haus. Don Juan legte den Sack mit den Peyote-Buttons zwischen sich und<br />

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