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Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

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nicht eingegangen war. Er sagte, Mescalito hätte Lucio getötet, wenn er sich ihm<br />

unter solchen Voraussetzungen genähert hätte. Don Juan gab zu, daß er alles<br />

sorgfältig vorbereitet hatte, um seinen Enkel zu überzeugen, er sagte, er habe auf<br />

meine Freundschaft mit Lucio als einem wesentlichen Teil seiner Strategie gebaut. Er<br />

erzählte, daß Lucio ihm immer schon Sorgen gemacht habe und daß sie früher<br />

zusammengelebt und einander sehr nahegestanden hätten, aber Lucio sei als<br />

Siebenjähriger schwer erkrankt, und Don Juans Sohn, ein gläubiger Katholik, hatte<br />

bei der Heiligen Jungfrau von Guadalupe ein Gelübde abgelegt, daß Lucio einer<br />

religiösen Tanzgruppe beitreten würde, wenn er am Leben bliebe. Lucio wurde<br />

wieder gesund, und man zwang ihn, das Versprechen einzulösen. Er hielt es eine<br />

Woche als Tanzschüler aus und beschloß dann, das Gelübde zu brechen. Er dachte,<br />

er werde als Folge dessen sterben müssen, fand sich damit ab und wartete einen<br />

ganzen Tag auf den Tod. Alle haben den Jungen damals ausgelacht, und der Vorfall<br />

ist nie in Vergessenheit geraten.<br />

Don Juan schwieg lange. Er schien in Gedanken versunken. »Ich hatte alles für<br />

Lucio vorbereitet, und statt dessen fand ich Eligio«, sagte er. »Ich wußte, daß es<br />

umsonst war, aber wenn wir jemand lieben, dann sollten wir nie aufgeben, uns so zu<br />

verhalten, als sei es möglich, Menschen neu zu erschaffen, Lucio hatte als kleiner<br />

Junge Mut, und später hat er ihn auf seinem Weg verloren.«<br />

»Kannst du ihn nicht behexen, Don Juan?«<br />

»Ihn behexen? Wozu?«<br />

»Damit er sich ändert und seinen Mut wiedergewinnt.« »Man kann nicht jemandem<br />

Mut anhexen. Mut ist etwas Persönliches. Man kann Menschen nur so behexen, daß<br />

sie schwach oder krank oder blöd werden. Man kann nicht jemanden behexen, um<br />

einen Krieger aus ihm zu machen. Um ein Krieger zu sein, muß man klar wie Kristall<br />

sein. Wie Eligio. Das ist ein mutiger Mann!«<br />

Eligio schnarchte friedlich unter den Leinensäcken. Der Tag war schon hell. Der<br />

Himmel war strahlend blau. Keine Wolke war zu sehen.<br />

»Ich würde viel darum geben, etwas über Eligios Reise zu erfahren. Hast du was<br />

dagegen, wenn ich ihn frage?« »Auf keinen Fall darfst du ihn danach fragen.«<br />

»Warum denn nicht? Ich erzähle dir <strong>do</strong>ch auch all meine Erlebnisse.«<br />

»Das ist etwas <strong>andere</strong>s. Du bist nicht so veranlagt, daß du die Dinge für dich<br />

behältst. Eligio ist ein Indianer. Seine Reise ist das einzige, was er hat. Ich wollte, es<br />

wäre Lucio gewesen.«<br />

Seite 67

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