Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia
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mitten am Himmel. Während du es beobachtest, wirst du sehen, wie es<br />
zurückweicht, bis es nur noch ein leuchtender Punkt in der Ferne ist, und dann wirst<br />
du bemerken, daß es wieder beginnt, sich auf dich zu zubewegen. Es wird schneller<br />
werden, und in einem bestimmten Moment wird es gegen die Windschutzscheibe<br />
deines Wagens prallen. Du bist stark. Ich glaube, daß der Tod mehrere Streiche<br />
gegen dich führen wird, um deiner habhaft zu werden.<br />
Aber dann wirst du wissen, wo du bist und was mit dir geschieht. Das Gesicht wird<br />
sich wieder an eine Stelle am Horizont zurückziehen und dann wieder schneller<br />
werden und auf dich einschmettern. Das Gesicht wird in dich hineinfahren, und dann<br />
wirst du wissen: es war die ganze Zeit das Gesicht des Verbündeten, oder es war<br />
ich, der spricht, oder du, der schreibt. Der Tod war die ganze Zeit nichts. Gar nichts.<br />
Er war ein kleiner verlorener Punkt irgendwo zwischen den Blättern deines<br />
Notizbuchs, und trotzdem wird er mit unwiderstehlicher Macht in dich hineinfahren<br />
und bewirken, daß du dich ausdehnst. Er wird dich flach machen und dich über den<br />
Himmel und die Erde und darüber hinaus ausdehnen lassen. Und du wirst sein wie<br />
ein Nebel aus feinen Kristallen, die sich bewegen und fortbewegen.«<br />
Ich war von dieser Beschreibung meines Todes sehr beeindruckt. Ich hatte erwartet,<br />
etwas ganz <strong>andere</strong>s zu hören. Lange Zeit konnte ich nichts sagen.<br />
»Der Tod tritt durch den Bauch in dich ein«, fuhr er fort. »Direkt durch die Öffnung<br />
des Willens. Diese Stelle ist der wichtigste und empfindlichste Teil des Menschen. Es<br />
ist die Stelle des Willens und auch die Stelle, durch die wir alle sterben. Das weiß ich,<br />
weil mein Verbündeter mich bis in dieses Stadium geführt hat. Ein Zauberer steuert<br />
seinen Willen, indem er dem Tod erlaubt, von ihm Besitz zu ergreifen, und wenn er<br />
dann flach ist und sich auszudehnen beginnt, dann übernimmt sein untadeliger Wille<br />
die Herrschaft und fügt den Nebel wieder zu einem Menschen zusammen.« Don<br />
Juan machte eine eigenartige Gebärde. Er öffnete die Hände wie Fächer, hob sie auf<br />
die Höhe seiner Ellbogen und drehte sie, bis die Daumen seine Seiten berührten,<br />
und dann führte er sie langsam in der Mitte seines Körpers über dem Nabel<br />
zusammen. Dort hielt er sie einen Moment. Seine Arme zitterten vor Anstrengung.<br />
Dann führte er sie hinauf, bis die Spitzen seiner Mittelfinger seine Stirn berührten,<br />
und dann zog er sie wieder in die alte Stellung in der Mitte seines Körpers zurück.<br />
Es war eine gewaltige Geste. Don Juan hatte sie mit so viel Kraft und Schönheit<br />
ausgeführt, daß ich wie gebannt war. »Es ist sein Wille, der den Zauberer wieder<br />
zusammensetzt«, sagte er, »aber wenn das Alter ihn schwächt, schwindet sein Wille,<br />
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