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Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

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desinteressierten Eindruck.<br />

Die Frau mußte ebenfalls um die Vierzig gewesen sein. Sie war dick und von sehr<br />

dunkler Hautfarbe. Sie trug schwarze Caprishorts, einen weißen Pullover und<br />

schwarze, spitze Schuhe. Sie hatte kein Bündel dabei, hielt aber ein Kofferradio in<br />

der Hand. Sie schien sehr müde zu sein, und ihr Gesicht war mit Schweißperlen<br />

bedeckt.<br />

Als ich mich ihnen näherte, sprachen der junge Mann und die Frau mich an. Sie<br />

wollten mitgenommen werden. Ich sagte ihnen, ich hätte keinen Platz im Wagen. Ich<br />

zeigte ihnen, daß der Rücksitz voll beladen war und daß der Platz tatsächlich nicht<br />

reichte. Der Mann schlug vor, daß sie, wenn ich langsam führe, auf der hinteren<br />

Stoßstange oder dem vorderen Kotflügel mitfahren könnten. Diesen Gedanken hielt<br />

ich für abwegig. Sie brachten ihre Bitte je<strong>do</strong>ch so dringend vor, daß es mir wirklich<br />

leid tat und mich verlegen machte. Ich gab ihnen etwas Geld, damit sie mit dem Bus<br />

fahren konnten. Der jüngere Mann nahm die Scheine und bedankte sich, aber der<br />

ältere wandte sich geringschätzig ab. »Ich will mitgenommen werden«, sagte er. »Ich<br />

will kein Geld.«<br />

Dann drehte er sich zu mir. »Können Sie uns etwas zu essen geben oder haben Sie<br />

etwas Wasser für uns?« fragte er. Ich hatte wirklich nichts dabei. <strong>Eine</strong>n Augenblick<br />

standen sie da und sahen mich an, dann gingen sie davon. Ich stieg in mein Auto<br />

und versuchte den Motor anzulassen. Es war sehr heiß, der Motor war offenbar<br />

abgesoffen. Als er das mahlende Geräusch des Anlassers hörte, blieb der jüngere<br />

Mann stehen, kam zurück und stellte sich hinter den Wagen, bereit mich<br />

anzuschieben. Ich fürchtete mich und konnte vor Aufregung kaum noch atmen.<br />

Endlich sprang der Motor an und ich brauste davon.<br />

Als ich diese Erzählung beendet hatte, blieb Don Juan lange nachdenklich sitzen.<br />

»Warum hast du mir nicht früher davon erzählt?« fragte er, ohne mich anzusehen.<br />

Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Ich zuckte die Schultern und meinte, ich sei nie<br />

auf die Idee gekommen, daß diese Geschichte so wichtig sei.<br />

»Sie ist verdammt wichtig!« sagte er. »Vicente ist ein Zauberer ersten Ranges. Wenn<br />

er dir etwas zum Einpflanzen gab, dann hatte er seine Gründe. Und wenn du drei<br />

Leuten begegnet bist, die anscheinend aus dem Nichts aufgetaucht waren, gleich<br />

nachdem du die Pflanze eingepflanzt hattest, dann geschah auch dies nicht ohne<br />

Grund. Aber nur ein Narr wie du kann diesen Zwischenfall einfach so abtun und<br />

glauben, er sei unwichtig.«<br />

Seite 28

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