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Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

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Platz hieße eben einfach Glas. »Ich glaube, ich habe recht«, sagte Don Juan leise.<br />

»Die Mexikaner haben nicht die Gabe, die Dinge um sie her zu bemerken. Ich bin<br />

sicher, sie können die Glassplitterform der Berge nicht sehen, aber bestimmt können<br />

sie einen Berg Glasscherben jahrelang rumliegen lassen.« Diese Vorstellung fanden<br />

wir beide komisch und lachten.<br />

Als wir mit dem Essen fertig waren, fragte mich Don Juan, wie ich mich fühle. Gut,<br />

meinte ich, aber in <strong>Wirklichkeit</strong> war mir ein wenig übel. Don Juan blickte mich<br />

unverwandt an und schien mein Unwohlsein zu bemerken.<br />

»Nachdem du einmal beschlossen hattest, nach Mexiko zu kommen, hättest du dich<br />

von all deinen kleinen Ängsten lösen sollen«, sagte er streng. »Dein Entschluß, zu<br />

kommen, hätte sie überwinden sollen. Du kamst, weil du kommen wolltest. So verhält<br />

sich der Krieger. Ich habe dir immer wieder gesagt, daß die überlegenste<br />

Lebensweise die des Kriegers ist. Sorge dich und denke nach, bevor du eine<br />

Entscheidung triffst, aber sobald du sie einmal getroffen hast, geh deinen Weg, frei<br />

von Sorgen und Bedenken; denn es erwarten dich noch Millionen weiterer<br />

Entscheidungen. Das ist die Art des Kriegers.« »Ich glaube, daß ich das tu, Don<br />

Juan, wenigstens manchmal. Aber es ist sehr schwer, immer daran zu denken.« »Ein<br />

Krieger denkt an seinen Tod, wenn die Dinge unübersichtlich werden.«<br />

»Das ist noch schwerer, Don Juan. Für die meisten Menschen ist der Tod etwas<br />

Ungewisses und Fernes. Wir denken nie an ihn.«<br />

»Warum nicht?« »Warum sollten wir?«<br />

»Sehr einfach«, sagte er, »weil der Gedanke an den Tod das einzige ist, was<br />

unseren Geist mäßigt.«<br />

Als wir von Los Vidrios aufbrachen, war es so dunkel, daß die Umrisse der<br />

zerklüfteten Bergketten sich gegen das Dunkel des Himmels aufgelöst hatten. <strong>Eine</strong><br />

gute Stunde fuhren wir schweigend dahin. Ich war müde. Mir war so, als wollte ich<br />

nicht sprechen, weil es nichts zu besprechen gab. Der Verkehr war minimal. Ein paar<br />

Autos kamen uns entgegen. Anscheinend waren wir die einzigen, die auf dem<br />

Highway Richtung Süden fuhren. Das kam mir merkwürdig vor, und ich blickte immer<br />

wieder in den Rückspiegel um zu sehen, ob <strong>andere</strong> Wagen uns folgten, was aber<br />

nicht der Fall war.<br />

Nach einiger Zeit gab ich es auf, nach <strong>andere</strong>n Autos Ausschau zu halten und fing<br />

wieder an, mir über den Zweck unserer Reise Gedanken zu machen. Dann bemerkte<br />

ich, daß meine Scheinwerfer sich ungewöhnlich hell von der Finsternis um uns her<br />

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