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Carlos Castaneda - Eine andere Wirklichkeit.do - Sapientia

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seinen Mitmenschen zu spielen, als seien sie Spielzeug, teilt er mit ihnen ihre ganze<br />

Torheit. Der einzige Unterschied zwischen ihm und ihnen ist, daß ein Sehender seine<br />

Torheit kontrolliert, während seine Mitmenschen dies nicht können. Ein Sehender hat<br />

kein aktives Interesse mehr an seinen Mitmenschen. Das Sehen hat ihn bereits von<br />

allem losgelöst, was er vorher wußte.« »Der bloße Gedanke, von allem, was ich<br />

weiß, losgelöst zu sein, läßt mich schaudern«, sagte ich.<br />

»Das kann nicht dein Ernst sein! Nicht der Gedanke an das, was dir bevorsteht,<br />

sondern die Vorstellung, daß du ein Leben lang das tun mußt, was du immer getan<br />

hast, sollte dich schaudern lassen. Denk an den Mann, der Jahr für Jahr Korn sät, bis<br />

er zu alt und zu schwach ist, um aufzustehen, und dann herumliegt wie ein alter<br />

Hund. Seine Gedanken und Gefühle, das beste in ihm, kreisen ziellos um das<br />

einzige, was er immer getan hat, das Kornsäen. Für mich ist das die furchtbarste<br />

Verschwendung, die es gibt. Wir sind Menschen, und es ist unser Schicksal, zu<br />

lernen und uns in die unvorstellbaren neuen Welten schleudern zu lassen.«<br />

»Gibt es wirklich neue Welten für uns?« fragte ich halb im Scherz.<br />

»Wir haben noch nichts ausgeschöpft, du Narr«, sagte er gebieterisch.<br />

»Sehen ist etwas für makellose Menschen. Mäßige deinen Geist, werde ein Krieger,<br />

lerne sehen, und dann wirst du die Endlosigkeit der neuen Welten unserer Vision<br />

erkennen.«<br />

11.<br />

Nachdem ich seine Besorgungen erledigt hatte, schickte Don Juan mich diesmal<br />

nicht fort, wie er es vor kurzem getan hatte. Er sagte, ich könne bleiben, und am<br />

nächsten Tag, dem 28. Juni 1969, sagte er mir gegen Mittag, daß ich wieder rauchen<br />

sollte.<br />

»Soll ich wieder versuchen, den Wächter zu sehen?« »Nein, das ist vorbei. Das ist<br />

jetzt etwas <strong>andere</strong>s.« In aller Ruhe füllte Don Juan die Rauchmixtur in die Pfeife,<br />

zündete sie an und reichte sie mir. Ich hatte keine Angst. Sofort überkam mich eine<br />

angenehme Schläfrigkeit. Nachdem ich die ganze Portion aufgeraucht hatte, legte<br />

Don Juan die Pfeife weg und half mir beim Aufstehen. Wir hatten einander in der<br />

Mitte des Zimmers auf zwei Strohmatten gegenübergesessen. Er sagte, wir würden<br />

einen kurzen Spaziergang machen und forderte mich auf zu gehen, wobei er mich<br />

freundlich vorwärtsstieß. Ich machte einen Schritt, und meine Beine gaben nach. Ich<br />

spürte keinen Schmerz, als meine Knie auf den Boden schlugen. Don Juan griff nach<br />

Seite 134

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