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Motivationssprit verbraucht war, schloß die Akte, klappte die Kommodentür zu und machte<br />
mich, wie es bei Mißerfolgen so geht, erfolgreich ans Vergessen.<br />
Zwischen drei Gedenkkreuzen am Straßenrand hatte ich soeben den Rückwärtsgang<br />
gefunden. Zuhause angekommen schob ich einen Schellack-Grieg, digitally remastered, in<br />
den CD-Player, klappte die Kommodentür auf, fingerte nach dem Ordner, zog ihn heraus und<br />
schlug ihn auf. Schon nicht mehr gänzlich a.D., schon ein Stück weniger der Ex-Künstler, den<br />
mir der Oberarzt noch ein halbes Jahr und eine ganze Internierung später widerspruchslos<br />
abnahm. Vielmehr sein akustischer Doppelgänger und Namensvetter, dessen Vorsilbe sich<br />
nicht länger auf den voreiligen Abschied vom eigenen Metier, sondern auf den vorrätigen<br />
Ouzo bezog. Ihn wußte ich als Ex-Autor von nun an mit zurückgeworfenem Kopf dem<br />
verschriebenen Neuroleptikum hinterherzukippen, wenn ich hinter das Buchstäbliche sehen<br />
und mir ein Bild machen wollte. Und das war bei der Rückrufaktion, die ich dann zügig<br />
vorantrieb, gar nicht so selten der Fall.<br />
V.<br />
Manchmal kamen die Bildblitze, die sich auf der Retina einbrannten und dann zur Inspektion<br />
freigegeben waren, sogar in Serie. Wie der Kartoffelstrang. Hintereinandergestapelte Dias mit<br />
demselben Motiv, durch die man hindurchsehen, Videoclips, die man ineinander überblenden<br />
konnte.<br />
"Auf uns kommt immer noch mehr Arbeit zu", hat sich zum Beispiel Tante Martha<br />
gerade beklagt - mit halbvollem Mund und im Altersheim. Das war der Satz, mit dem die<br />
Fünfzehnjährige auf die Geburt ihres jüngsten Bruders reagiert hatte, dessen Versorgung dann<br />
tatsächlich an ihr hängenblieb. Jetzt saß ihr der Säugling, den sie großmachen mußte, als<br />
fünfundsiebzigjähriger Besucher gegenüber und nickte ergeben. Mein Vater kannte die Platte<br />
zur Genüge, denn seine Schwester lief auf Repeat und rutschte, wenn sie auf andere<br />
Erinnerungen angesprochen wurde, bald wieder in die vertraute Rille. "Immer noch mehr",<br />
bestätigt Tante Martha über die aufgegabelte Mittagskartoffel hinweg. Die Knolle - wieder in<br />
Schale - fliegt durch die Luft in den blubbernden und dampfenden Bottich zurück. Ich kann<br />
ihr über die Schultern eines Mannes mit Mütze und in grober Arbeitskluft nachsehen. Er muß<br />
ziemlich abgebrühte Hände haben, denn er hat auf die Hitze des mit einem Sieb<br />
herausgefischten Probestücks, das er prüfend knetet, nicht reagiert. Sein blasser Sohn mit<br />
denselben engstehenden Augen haucht seine blauen Finger an. Er kniet im schneidenden<br />
Herbstwind auf einem aufgegrabenen Kartoffelacker und 'liest nach', d.h. er scharrt aus und<br />
klaubt auf, was den Forken der Erwachsenen entgangen ist. Seine Schenkel zittern, und mit<br />
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