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Lesen - Ulrich Horstmann

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Wohnen: Glanz in der Hütte, frische Blumen, das "Camp", mein Wolfgang Sinwel-<br />

Triptychon, wieder an Ort und Stelle.<br />

"Meine Güte, bist du braungebrannt, Uli", entfährt es ihr.<br />

"Ja nee, ek is 'n Afrikaner, my Lizzietjie."<br />

"Und holzmager. Fast wie eine Vogelscheuche. Komm rein, komm rein! Das Abendessen<br />

steht schon fast auf dem Tisch."<br />

Ich hänge den Mantel auf, während sie ihre Musterung fortsetzt und mit den Augen einen<br />

Moment an meinen Schuhen hängenbleibt.<br />

"Souvenir aus Ellisras", erläutere ich, "Skoenwinkel Boetie Boots. Nicht ganz dein<br />

Geschmack? 'n Bietjie as 'n moffie, nê."<br />

Sie schüttelt wortlos den Kopf.<br />

"Dafür ist hier alles picobello", wechsle ich das Thema, "so als wärst du gar nicht<br />

eingezogen. Oder, sagen wir, gleich mit ein paar Heinzelmännchen."<br />

Sie lacht und schiebt mich ins Wohnzimmer: "Hab schon ein bißchen gewienert nach<br />

deinem Anruf, weißt du."<br />

Der Tisch ist gedeckt, auf dem Silberleuchter brennen die Kerzen.<br />

"Romantisch, Lizzie. Ek moet jou komplimenteer. Ganz wie man sie sich wünscht, die<br />

Heimkehr aus der Fremde."<br />

Sie umarmt mich. Drückt. Drückt sich ab auf dem Onkel wie Christus auf dem Turiner<br />

Grabtuch. Himmel steh mir bei, hulp, o papnat Toulouse.<br />

"Willkommen! Herzlich willkommen! Du bist doch zu Hause hier, oder hast du das da<br />

unten bei den Löwen, Giraffen und Hyänen schon vergessen?"<br />

"Byna, my kind, byna."<br />

Sie löst sich, erlöst mich von der Körpersprache, die gar nicht mich meint, gar nicht auf<br />

den Abgespeckten abzielt, sondern durch mich hindurch mit dem nützlichen<br />

Familienmitglied, dem spendablen Vaterbruder redet, auf den Verlaß ist und der die Dinge<br />

gewiß nicht durcheinanderbringt.<br />

"Setz dich schon mal. Ich brauche noch zehn Minuten in der Küche, dann geht's los."<br />

"Da könnte ich mir zur Feier des Tages doch noch schnell das restliche Afrika abduschen<br />

und mich für die Gastgeberin in Schale werfen, oder?"<br />

"Gute Idee. Frische Handtücher sind im Bad. Deinen Kleiderschrank habe ich ein paar<br />

Mal gelüftet, aber es liegt noch alles an Ort und Stelle."<br />

Ich suche das Passende heraus, entsorge die zwei in Vorfreude auf das unterkühlte<br />

Abendland übereinandergezogenen T-Shirts und das löchrige Unterhemd, schäle mir das<br />

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