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ist. Das volljuristische Kätzchen schnurrt wieder und legt mir dann den Verzicht auf<br />
anderweitige Schadensersatzansprüche auf die Zunge.<br />
"Ja nee, stadig, stadig", springe ich an, "so billig kommen Sie nicht davon. Die Panik,<br />
meine Blessuren! Und mit der medizinischen Versorgung draußen in der Eiseskälte ist es auch<br />
nicht weit her gewesen."<br />
"Ich nehme mal an, Sie waren auf Safari da unten, stimmt's?"<br />
"Kann man so sagen."<br />
"Big five! Habe ich Ihrer Stimme gleich angehört", säuselt das Kätzchen. "Da sind Sie<br />
doch Härteres gewohnt. Und dann wollen Sie sich hier mit unnützem Papierkram ..."<br />
"Presies, mevrou", falle ich ihr ins zweckdienliche Wort, "ich will nicht. Und eben<br />
deshalb habe ich gestern nachmittag meinen Anwalt, Herrn Dr. Stefan Wiesekopsieker, mit<br />
der Wahrung meiner Interessen beauftragt."<br />
"Kompliment, Kompliment, Sie sind ein zielsicherer Mensch; aber das sagte ich wohl<br />
schon", kommt es wie aus der Pistole geschossen zurück. "In diesem Fall ist unsere Fluglinie<br />
an einer gütlichen Einigung interessiert. Wir würden Ihnen in den nächsten Tagen einen<br />
schriftlichen Vorschlag unterbreiten."<br />
"Orrait."<br />
"Sie müßten dann nur noch unterschreiben, und die Sache ist aus der Welt."<br />
"Wenn mein Freund Wiesekopsieker ..."<br />
"Nach anwaltlicher Beratung, wenn Sie Wert darauf legen, selbstverständlich."<br />
Ich signalisiere Kompromißbereitschaft; wir scheiden in gegenseitigem erwartungsfrohen<br />
Einvernehmen.<br />
Nur daß nichts mehr passiert. Weder bei der Lufthansa, wo die Mitarbeiterin vielleicht<br />
postwendend am Computer - die Mittel des Einundzwanzigsten, Heinrich Wilhelm - ein<br />
Anwaltsverzeichnis eingesehen hat, noch sonstwo. Stilswye also, stillewe, stilstand. Auf dem<br />
Kalender steht Februar. Der Korb Post ist abgeschmolzen und die Füllung spurlos<br />
verschwunden wie der letzte Schnee. Die Handvoll unvermeidlicher Wiederantrittsbesuche<br />
sind es eben nicht und quetschen sich neben die anderen Vertröstungen auf die lange Bank.<br />
Am Schreibtisch dagegen läßt sich kein Sitzfleisch entwickeln, und zwar allein schon, weil<br />
man wegen des ewigen Getuschels und der akademischen Klugschwätzerei in den Regalen<br />
sein eigenes Wort nicht mehr versteht, geschweige denn, es zu Papier bringen kann. Die<br />
ganze Atmosphäre ist ins Fade und Abgestandene umgeschlagen. Sogar der unscheinbare<br />
Wintermantel, den ich aus purem Unterhaltungsbedürfnis und mit erhöhtem<br />
Entdeckungsrisiko im Zwielicht des Marburger Cineplex gegen einen unscheinbaren<br />
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