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Lesen - Ulrich Horstmann

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aber du kannst gleich ... ja doch, wat die duiwel ... das siehst du jetzt, wie ich das<br />

hintereinanderkriege."<br />

Ich marschiere los. Ins Bad. Ich stecke meinen Kopf unter das kalte Wasser. Ich zähle bis<br />

fünfzig. Auf Afrikaans, wie vereinbart: een, twee, drie, vier, vyf, ses, sewe ... Ich ziehe mir mit<br />

dem Kamm einen Scheitel durch das tropfnasse Haar. Marschiere triumphierend zurück. Der<br />

Hörer liegt neben dem Telefon. Es fühlt sich an, als legte mir jemand einen Schal aus<br />

Wasserpflanzen um den Hals. Dann dringt die Kopfdusche nach innen durch.<br />

"Bin wieder da, Betty."<br />

"Und? Alle fünf Sinne beieinander?"<br />

"Glaube schon. Danke."<br />

"Dann hör genau zu, bevor du wieder wegdriftest, was bei deinem fadenscheinigen<br />

Nervenkostüm kein Wunder wäre. Ich hole morgen deinen Wagen. Du nimmst eine Valium<br />

und schläfst. Verstanden? Valium, Bett und morgen Bettina. Mit Rad und Tat."<br />

"Du hast die Wette verloren."<br />

"Dein Glück, mein Lieber, dein Glück! Also, los geht's."<br />

Zum zweiten Mal bin ich Marionette. Aber wie unter Hypnose zu funktionieren ist immer<br />

noch angenehmer, als in hochtourenden Leerlauf und lähmende Hyperaktivität zu verfallen.<br />

Schließlich war ich ein gebranntes Kind, das sich in Afrika homöopathisch hatte durchglühen<br />

lassen, um nicht noch einmal unter der Schädeldecke durchzubrennen. Man wehre den<br />

Wechselströmen, einem Hin-und-her wie an diesem Vormittag, lautete die Devise, mit der ich<br />

in der Märzsonne in die Kissen sank. Und den Kommissar, soviel Beruhigendes wußte das<br />

Valium noch mitzuteilen, hatte ein Laienschauspieler gegeben. Ohne jeden Schweizer Akzent<br />

und mit Insiderwissen über einen ihm unbekannten Anrufer. Nikki war vielleicht ein passabler<br />

Chemiker und ein konkurrenzfähiger Drogist, aber wenn er in eine fremde Haut zu schlüpfen<br />

versuchte, sickerte er durch wie reisigersboom-Serum durch Plastiknähte.<br />

XXXVI.<br />

Auch ein falscher Fahnder kann einen guten Rat geben. Jedenfalls folge ich dem<br />

Stillhalteabkommen für vierundzwanzig Stunden und fahre gut dabei. Ich schlafe wie ein<br />

Stein, dann frühstücke ich den Kühlschrank leer, was angesichts der Proviantlage kein großes<br />

Kunststück darstellt. Das Tuckern des Aggregats, das jetzt die gähnende Leere herunterkühlt,<br />

summt mich am Küchentisch in den Schlaf.<br />

Als ich aufwache, hängt die Spinne in der Tür und blinzelt auf mich herab.<br />

"Wie bist du denn reingekommen, Betty?"<br />

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