Lesen - Ulrich Horstmann

Abschluß eines Kooperationsvertrages mit dem in England und seinem Kolonialmarkt bestens
eingeführten Seifenproduzenten William Hesketh Lever …"
Ich kippe, schenke nach.
"Komisch. Schmeckt sogar seifig. Kurz und gut, Lizzie, Hoffmann schickte Ende 1898
eine Handvoll erfahrener Mitarbeiter von Bremen nach Liverpool und von dort mit der HMS
"Halcyon Pride" nach Durban. Herr Wiesekopsieker hat die Güte, die Mitglieder des
Expeditionscorps und ihre Funktionen aufzulisten. Hier: Wilhelm Twele, Stärkemeister,
Georg Möller, Maschinenmeister, Paul Kleemann, Bauführer, Louis Döring, Kisten- und
Kartonagenmeister, Adolf Drexhage, Expedient, und als Fabrikaufseher und Hauptzentrifugist
ein gewisser ..."
"Heinrich Wilhelm Horstmann", füllt Lizzie die Atempause.
"Du sagst es."
Etwas stimmt nicht. Mit dem Atemholen, mit mir stimmt etwas nicht. Dis verkeerd. Ich
will aufstehen.
"Uli, was ist denn?"
Nichts ist. Es wird alles schwarz. Dann weicht das Dunkle, Düstere zurück, wölbt sich
auf, wird rund, schiebt an der Seite Röhren heraus, wirft Falten in den Armbeugen und hat
sich in den Gehrockstoff des Herrn Generaldirektor Leberecht Hoffmann verwandelt, der auf
dem pfützenübersäten, aber noch einmal spätherbstlich besonnten Fabrikhof eine Ansprache
hält. Der Mann in den blendend weißen Manschetten und einem Stehkragen von geradezu
antarktischer Makellosigkeit taugt trotzdem nicht zur Simplicissimus-Karikatur, denn der
Fabrikant tut etwas für seine Belegschaft und wird es ein Jahr später zum fünfzigsten
Firmenjubiläum sogar fertigbringen, den ihm vom Lippischen Staatsministerium zugedachten
Titel des Kommerzienrats mit der Begründung abzulehnen: "Der betr. Titel hat für mich
keinen angenehmen Beigeschmack, er ist mir sogar sehr unsympathisch." Jetzt allerdings
redet der Zeitgeist aus ihm. Er spricht von seinem in der Blüte der Jahre auf dem Oranje zu
Tode gekommenen Freund, dem Bremer Großkaufmann Adolf Lüderitz, dem das Reich seine
zukunftsträchtige Kolonie Deutsch Südwest-Afrika zu verdanken habe und dessen vorzeitiger
Heimgang ihnen allen die Pflicht auferlege, sein Erbe anzutreten und zu mehren. Bei dem Fuß
in der Tür dürfe es nicht bleiben. Und auch nicht bei der Bewunderung für die Pläne des Mr.
Rhodes, der abendländischen Zivilisation eine breite Schneise durch den schwarzen Kontinent
zu schlagen - von Kapstadt bis Kairo. Zivilisation sei mehr als militärische Macht, sei Recht
und Ordnung und Sauberkeit. Und um die sie garantierende schmutzabweisende Stärke auch
in die englischen und kapholländischen Siedlerfamilien zu tragen, die im Schweiße ihres
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