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Lesen - Ulrich Horstmann

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28.11.95<br />

Es gibt auch das andere, das geduldige und unverkohlte Papier, das die Spuren bewahrt. Freue<br />

dich nicht zu früh. Solche Hinterlassenschaften, im Halbdunkel der Erinnerung und<br />

weggerückter Truhen bestens verwahrt, hängen nicht weniger zäh am Leben als die leiblichen<br />

Nachkommen und warten geduldig und über Generationen darauf, Zeugnis abzulegen.<br />

Ein Auszug aus dem Taufregister der evangelischen Kirchengemeinde Alswede, Kreis<br />

Lübbecke, kommt mir in die Hände, als ich das Tohuwabohu einer Dokumentenmappe<br />

durchstöbere. Sie verdankt ihre Existenz der vom Dritten Reich auferlegten Pflicht – "Heil<br />

Hitler" unterschreibt Onkel Willi ein Auskunftsersuchen - zu Ariernachweis und<br />

Ahnenforschung und ist fast nur großmütterlicherseits bestückt. Danach bist du, in Sütterlin,<br />

am 8. Juli 1853 getauft.<br />

Geheiratet hast du, schon in moderner Schreibschrift, am 9. November 1879 eine nicht<br />

mehr unberührte Dreiundzwanzigjährige namens ANNE MARIE ELISABETH MENKE, geb. 1.<br />

Juli 1856, aus Südlengern. Daß sie im sechsten Monat schwanger war und mein Opa Fritz der<br />

Heiratsgrund, verrät seine Abnabelung Ende Februar auch den Nachgeborenen, und die<br />

Kunde dieses Unterwegsseins wird mit An- und Niederkunft rückwirkend lesbar zwischen<br />

den Zeilen des Trauregisters der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bünde, in dem<br />

nicht nur eine Braut ihre Unschuld, sondern dein Geburtsort Fabbenstedt auch den<br />

sehnsüchtig urbanen Umlaut verloren hat.<br />

Bei der Trauung trittst du als "Fabr.Arb." vor den Altar; am 14. März 1880, bei der Taufe<br />

deines für Verlobung, Aufgebot und das Bis-daß-der-Tod-Euch-scheidet-Verdikt<br />

verantwortlichen Erstgeborenen hast du dich in einen "Zig.Arb.", also Zigarrenroller,<br />

verwandelt. Der Auszug aus dem Taufregister der evangelischen Kirchengemeinde<br />

Schnathorst gibt zugleich Auskunft über euren damaligen Wohnsitz: Tengern Nr. 74.<br />

Auch anderes Papier mischt sich jetzt vielversprechend ein. Aus der Bibliographie zur<br />

Emigration in die Neue Welt, aus dieser Kolonne von Titeln, die diszipliniert Aufstellung<br />

genommen haben wie preußische Untertanen vor der Gangway ihres Überseedampfers, tritt<br />

ein einzelner heraus: "Von einem, der auszog, Goldgräber zu werden: Auf den Spuren der<br />

Familie <strong>Horstmann</strong>" (Stadtmagazin Bad Salzuflen 8/6 /1992, 8-11). H.W.H., Freundchen, die<br />

Jagd ist los. Hörst du die Hörner schallen?<br />

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