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Lesen - Ulrich Horstmann

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I.<br />

Jirre! Es ist nun einmal passiert. Ek is nie die eerste nie! Und es erwischt die Leute überall,<br />

auch im neuen Südafrika.<br />

Da ist einer verduftet, riecht schon seit Jahren nach nichts mehr. Weder nach der<br />

richtigen Nachbarschaft noch nach den falschen Überzeugungen. Nicht einmal aus dem Mund<br />

riecht er trotz des Magengeschwürs, das er sich im Buschkrieg gegen die schwarzen<br />

Freischärler eingefangen hat und das sich bis heute weiterwehrt und keinen Frieden schließen<br />

will. Und dann, urplötzlich, quillt Rauch aus Flip van Maegeren wie früher im Caprivi-Zipfel,<br />

und er hat sein Versprechen gebrochen. Dafür zischt ihm seine Frau 'Stinktier' hinterher,<br />

obwohl das an diesem Ende der Welt doch gar nicht vorkommt, und der wiederaufgeflammte<br />

Raucher ließe den Kopf hängen, verursachte dieses Wegducken nicht die für seine<br />

Lebensgefährtin noch aufreizenderen Brandlöcher.<br />

Ein anderer hat sich schon zu whites only/slegs vir blankes-Zeiten den Kelch abgetan und<br />

auch zur Begrüßung von Nelson Mandelas rainbow nation nicht ein Gläschen genehmigt.<br />

Und doch hat die Hochachtung vor dem selbstbeherrschten Koos Koetzer von heute auf<br />

morgen das Nachsehen, und auch er ist wieder der alte und quert schlingernd die Hauptstraße<br />

dieses Bushveld-Kaffs. Hoenderkop wie vor seiner Durststrecke und aus voller Kehle "Sarie<br />

Marais", die Erkennungsmelodie der weißen Eingeborenen, absingend, verschwindet der<br />

abgewählte baas in einer weiträumig bekannten Bruchbude, in der jeder für seine sauer<br />

verdienten Rand noch einmal Herrenreiter sein kann: "Opsaal, meisie! Saal op!"<br />

Doppelt erleichtert und zurück im kroeg läßt er auch gegenüber 'Skunkie' van Maegeren<br />

Nachsicht walten und schiebt ihm das Feuerzeug hin. "Ein Laster ist frei", erklärt mir Koos<br />

auf Afrikaans, der vom ersten auf den letzten Platz zurückgefallenen Mitbewerberin in der<br />

Konkurrenz der elf Landessprachen, "aber was ist mit den doppelt und dreifach<br />

Rückfälligen?" Skunkie zündet. "Gesondheid in die rondheid", wünscht der farbige Kellner.<br />

"Ja, was ist mit denen", übernimmt der Rauchverzehrer, "die den kleinen Finger ausgestreckt<br />

haben vir 'n druppeltjie brandewyn, für ein Tröpfchen Schnaps, und dann hängt 'n poes dran?"<br />

Dabei zeigt er als Verständnishilfe mit dem Daumen über die Schulter in Richtung der<br />

zügellosen Reithalle. Ich will keinen Streit; ich will einen friedlichen Abschied aus der Reha.<br />

Ich schlichte: "Hy is nie die eerste nie, Skunkie, en hy sal ook nie die laaste wees nie."<br />

Bedächtiges Schweigen.<br />

Dann meldet sich ein Schluckauf zu Wort. Schon, ja. Schon provozierend endlos. Das<br />

Feuerzeug kann auf einmal fliegen, das Glas auch. In Gegenrichtung. Ein Stuhl bekommt<br />

Auftrieb, als wolle sein Besitzer für den Rest des geselligen Abends an der Decke Platz<br />

3

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