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voll funktionstüchtige Hände nachsagen lassen muß und in den Ruch der Verzichtbarkeit<br />
gerate, der, wie sich zeigt, nicht auf die eigenen vier Wände beschränkt bleibt.<br />
Lizzies bisher stets flüchtige Launenhaftigkeit verfestigt sich zusehends zu ständiger<br />
Ungeduld und schlecht überspieltem Verdruß. Daß ich die Dinge nicht gebacken kriege, ist<br />
bald ausgemachte Sache, und jeder von ihr zur Nachfütterung übernommene Segler hinterläßt<br />
einen Tadel mehr in meiner Personalakte. Irgendwann bekomme ich mit der spitzen<br />
Bemerkung, so gehe es nicht mehr weiter, einen Zettel herübergeschoben. "Tom 24239" steht<br />
darauf in Schuljungenschrift. Ich wähle. "Stein-Dahl", meldet sich eine Frauenstimme. Wie<br />
eine heiße Kartoffel lasse ich den Hörer auf die Gabel fallen. Dahl heißt der Kommissar. Ist es<br />
denkbar, daß dieser zurückhaltende und unaufdringliche Mann schon einen Fuß in der Tür<br />
und seinen Sohn in meiner Wohnung hatte? Wenn ja, hätte das nicht nur für meine Nichte<br />
unabsehbare Konsequenzen. "Luister na my, Lizzie", sage ich zu ihr. "es hat keinen Sinn mit<br />
den Jungs. Das ist Flickwerk und bringt nur neue Probleme. Wir müssen dich verläßlich<br />
entlasten."<br />
Es trifft sich gut, daß wenig später der erste Knochenbruch mit Prellungen eingeliefert<br />
wird, den wir nicht selbst verarzten können, und daß unser Viertzugang - das Taufen ist seit<br />
Leberecht unterblieben - sich auf dem absteigenden Ast verkrallt zu haben scheint. Bettys<br />
ungehaltene Frage, was es nun schon wieder gebe, kann ich deshalb mit der Gegenfrage<br />
parieren, ob ich mit den gefiederten oder hautnäheren Problemen anfangen solle. Jedenfalls<br />
hört sie zu und kehrt gegenüber dem Schwarm von Schwierigkeiten die Vogelscheuche<br />
heraus. Was die angedrohte Haussuchung angehe, so bluffe dieser Dahl genauso wie bei den<br />
angeblichen Indizien. Außerdem solle ich mal das Marburger Telefonbuch aufschlagen. Was<br />
ich folgsam tue. Und? Fünf Dahls. Na also. Die Vögel hole sie ab. Heute noch. Und für<br />
Unterstützung werde auch gesorgt. "Aber keine Sado-Masos", werfe ich ein. "Wo denkst du<br />
hin, Grootegeluk, dein Bekanntenkreis vor Ort ist doch groß genug." Bevor ich nachfragen<br />
kann, was sie meint, hat sie aufgelegt.<br />
Als die Schifterin gegen sieben Uhr abends eintrifft, ist sie in Begleitung. Im Austausch<br />
gegen die zwei Intensivpatienten hat sie noch ein halbes Dutzend "Wetterfühlige"<br />
mitgebracht, die wir mit links - Lizzie wirft mir einen vielsagenden Blick zu - wieder auf<br />
Vordermann bringen könnten. "Überhaupt werden wir die Triage einführen", läßt sie uns<br />
weiter wissen, "damit ihr hier nicht Däumchen dreht, bevor im Juni die Jungen schlüpfen und<br />
es anfängt, richtig rundzugehen."<br />
"Triage?" hakt Lizzie nach.<br />
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