Landschaftsprogramm <strong>Saarland</strong> Erhaltung der Kulturlandschaft 7. Erhaltung der Kulturlandschaft Inhalt 7.1 Entwicklung <strong>und</strong> Erhaltung der Kulturlandschaft 7.2 Die historische Dimension der Landschaft 7.3 Die Kulturlandschaftsräume 7.4 Erhaltung besonders wertvoller Kulturlandschaften 7.5 Kulturhistorische Relikte 7.6 Denkmalschutz 77
Landschaftsprogramm <strong>Saarland</strong> Erhaltung der Kulturlandschaft 7.1 Entwicklung <strong>und</strong> Erhaltung der Kulturlandschaft Die durch das Wirken des Menschen mehr oder weniger stark geprägte Landschaft wird als Kulturlandschaft bezeichnet. Die mitteleuropäischen Landschaften, die der Mensch seit Jahrtausenden bewirtschaftet <strong>und</strong> nachhaltig verändert hat, sind somit fast vollständig als Kulturlandschaften aufzufassen. Heute werden die Geschwindigkeit <strong>und</strong> die Auswirkungen dieser anthropogenen Veränderungen beklagt. Die Kulturlandschaften Mitteleuropas verlieren nicht nur ihre kulturhistorische Substanz <strong>und</strong> ihren erzieherischen Wert als Zeugnisse der Alltagswelten, sondern nivellieren sich. Damit vermindern sich die Potenziale für eine eigenständige Entwicklung sowie das Bewusstsein für regionale Identität. Schutz, Pflege <strong>und</strong> Entwicklung der Kulturlandschaft zielen mit unterschiedlicher Gewichtung auf die Erhaltung oder Wiederherstellung eines als positiv bewerteten Zustandes von Phänomenen der Landschaft ab bzw. auf deren Um- oder Neugestaltung, wenn ein als negativ bewerteter Zustand eingetreten ist. Die Erhaltung der Kulturlandschaft ist als werteorientierter Prozess <strong>und</strong> als querschnittsorientierte Aufgabe anzusehen. Sie erfordert einen bewussten Umgang mit natürlichen <strong>und</strong> von Menschen geschaffenen landschaftlichen Potenzialen. Deren historische <strong>und</strong> regionale Originalität ist dabei von zentraler Bedeutung. Zur Bewahrung ihres kulturellen Erbes müssen die Kulturlandschaften des <strong>Saarland</strong>es in ihrer Vielfalt <strong>und</strong> jeweiligen Eigenart als Ausdruck der Selbstverwirklichung vieler Generationen <strong>und</strong> in ihrer unterschiedlichen Ausprägung als Voraussetzung für die Identifikation der Menschen mit ihren Lebensräumen (Heimat) erhalten werden. Die weitere Entwicklung der saarländischen Landschaften soll so erfolgen, dass eine Vereinheitlichung der Strukturen <strong>und</strong> des Landschaftsbildes vermieden wird. Planungen <strong>und</strong> Maßnahmen, welche die Landschaft als Wohn-, Wirtschafts-, Verkehrs- <strong>und</strong> Erholungsraum entwickeln, sollen die gewachsene Struktur <strong>und</strong> das Bild der Landschaft berücksichtigen <strong>und</strong> damit auf eine räumlich unterschiedliche Entwicklung der sozioökonomischen Komponenten Wert legen. Besonders schöne, seltene oder kulturhistorisch bedeutsame Landschaften – darunter vor allem die wenigen noch vorhandenen traditionellen bäuerlichen Kulturlandschaften – sind in ihrer charakteristischen Ausbildung <strong>und</strong> Prägung zu erhalten. Kulturelle Einzelobjekte, Gesamtbestände von Objekten eines bestimmten Typs <strong>und</strong> Ensembles von Objekten in einer Landschaft, denen eine besondere Bedeutung für die Erhaltung der raumtypischen Vielfalt, Eigenart <strong>und</strong> Schönheit der saarländischen Kulturlandschaft zukommt oder die von besonderem kulturhistorischem Wert sind, sollen erhalten werden. 7.2 Die historische Dimension der Landschaft Natur- <strong>und</strong> Kulturgeschichte prägen die Landschaft <strong>und</strong> führen zu dem, was wir heute in Natur <strong>und</strong> Landschaft vorfinden. Dieses Natur- <strong>und</strong> Kulturerbe bedingt gleichzeitig die Entwicklungsoptionen des Raumes: Zukunft ist damit nicht beliebig, sondern abhängig von dem Potenzial, das sich in der Vergangenheit entwickelt hat. Landschaft muss als Prozess verstanden werden, in den die Planung steuernd eingreift. Landschaftsgeschichte wird in erster Linie mit kulturhistorischen Relikten in Verbindung gebracht. Diese Spuren früherer Landnutzungen <strong>und</strong> Gesellschaftsformen sind sinnlich erlebbare Reste wie Hügelgräber, das Pflaster von Römerstraßen, Tonscherben, Grenzsteine, Meilerplätze oder Mühlengräben. Auch Kalk- Halbtrockenrasen oder Pfeifengraswiesen sind kulturhistorische Relikte. Diese besitzen für die Planung vor allem als erlebnisrelevante Phänomene oder Denkmäler eine Bedeutung. Mit Hilfe dieser Spuren lassen sich jedoch auch historische Zusammenhänge rekonstruieren. Bilder vergangener Landschaften <strong>und</strong> Kulturen entstehen. In der Planung können diese Zusammenhänge dazu dienen, den heutigen Zustand von Natur <strong>und</strong> Landschaft zu verstehen. Aus der Geschichte kommen unsere Vorstellungen von der Entwicklung der Natur- <strong>und</strong> Kulturlandschaften <strong>und</strong> (oft unbemerkt) die Bewertungsmaßstäbe, wie Natur- oder Kulturlandschaften aussehen sollen. Der Einsatz „historischer Vorbilder“ in der Landschaftsplanung beschränkt sich meist auf gestalterische oder ökologische Aspekte (z.B. Heckenpflanzungen, Erhaltung der Kulturlandschaft als „Biotop“ <strong>und</strong> Kulisse) <strong>und</strong> wird selten auf die funktionalen Aspekte damaliger Nutzungen, die die Landschaft formten (Aktualisierung <strong>und</strong> Neuinterpretation bewährter traditioneller Nutzungsformen in der Landwirtschaft) ausgedehnt. Spuren <strong>und</strong> Bilder beziehen sich auf Vergangenes, Abgeschlossenes. Das Wissen vergangener Generationen zeigt Wirkungen im Recht, den Wissenschaften, den Nutzungssystemen oder der Kunst der Gegenwart. 78