Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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Doch wäre es falsch, dies nur auf das äußere Bild seiner<br />
oft bis zum Extrem vorstoßenden Inszenierungen beziehen<br />
zu wollen. Weit bedeutsamer war es, daß er die tiefe<br />
Tragödiensubstanz der <strong>Wagner</strong>schen Werke neu entdeckte<br />
und zur Darstellung brachte. Am sinnfälligsten geschah das<br />
wohl an der riesigen Tetralogie des „Ringes“, aus der er alle<br />
Anklänge an Germanentum und Heldenpathos verbannte,<br />
um an ihrer Stelle wieder die monumentale klassische<br />
Tragödie jenseits von Raum und Zeit sichtbar werden zu<br />
lassen.“ 307<br />
1969 blickte man auf ein weiteres Mitglied des Hauses<br />
<strong>Wagner</strong> zurück. Zum 100. Geburtstag von Siegfried <strong>Wagner</strong><br />
zog es die Mitglieder des Ortsverbandes am 3. Juli aus<br />
der Stadt <strong>Minden</strong> heraus in das wenige Kilometer stromabwärts<br />
gelegene Schloss Petershagen. Man kam damit dem<br />
Gastredner, Dr. Werner Gößling, entgegen, der aus Bremen<br />
angereist war und kenntnisreich auf den Sohn des „Meisters“<br />
zurückblickte, dessen eigene Werke aber fast vollkommen<br />
aus der Musikwelt verschwunden waren. 308<br />
Die rege Vereinsarbeit in den ersten Jahren von Gerda<br />
Hartmann schlug sich zunächst auch in steigenden Mitgliederzahlen<br />
nieder. Bis 1964 verzeichnete der Ortsverband<br />
ein allmähliches Anwachsen auf 180 Personen. Daraufhin<br />
schloss sich ein leichtes Absinken an, bis der Mitgliederstand<br />
seit 1967 für lange Jahre bei rund 160 verharrte. Das<br />
erstmals für dieses Jahr im Archivbestand erhaltene Mitglie-<br />
derverzeichnis ermöglicht einen Einblick in die Struktur des<br />
Vereins in den 1960er Jahren. 309 Unter Zuhilfenahme von<br />
Adressbüchern und der Einwohnermeldekartei lassen sich<br />
für die Mitglieder aus der Stadt <strong>Minden</strong> die beruflichen und<br />
sozialen Hintergründe sowie ihre Altersstruktur ermitteln<br />
und somit ein Sozialprofil des <strong>Minden</strong>er <strong>Wagner</strong>verbandes<br />
im 55. Jahr nach der Gründung entwerfen.<br />
Anfang 1967 umfasste der Verein 160 Mitglieder, davon 26<br />
außerhalb der Stadt <strong>Minden</strong>. 14 stammten aus der unmittelbaren<br />
Umgebung des Landkreises <strong>Minden</strong> (Bad Oeynhausen<br />
3, Hausberge 3, Todtenhausen 2, Neesen, Barkhausen,<br />
Holzhausen II und Neuenknick je 1), 5 aus dem benachbarten<br />
Schaumburg (Stadthagen 2, Bückeburg 1, Stadthagen<br />
1), 6 aus Ostwestfalen (Bielefeld 2, Bünde, Bad Salzuflen,<br />
Gütersloh, Herford je 1), 1 Mitglied sogar aus dem Ausland<br />
(Baden bei Zürich). Bei den auswärtigen Mitgliedern ist zu<br />
berücksichtigen, dass <strong>Minden</strong> lange Zeit der einzige Ortsverband<br />
in der Region war. In Detmold bestand seit 1952<br />
ein Ortsverband, der ohne größere Wirksamkeit 1965 wieder<br />
einging. 310 Seit 1971 konnte sich allein in Bielefeld ein<br />
weiterer <strong>Wagner</strong>verein in Ostwestfalen behaupten. 311<br />
Unter den Mitgliedern dominierte mit 142 Damen und 18<br />
Herren immer noch das weibliche Geschlecht bei einem<br />
Anteil von 88,75 %. Auch in den kommenden Jahren lässt<br />
sich die traditionelle, geschlechterspezifische Aufteilung<br />
des Ortsverbandes mit seinem überwältigenden Frauenanteil<br />
beobachten: 1973 bei 168 Mitgliedern 89,29 % (150<br />
Damen zu 18 Herren), 1988 bei 139 Mitgliedern 84,17<br />
% (117 Damen zu 22 Herren), 1990 bei 174 Mitgliedern<br />
82,76 % (144 Damen zu 30 Herren). Insofern setzte der<br />
Verein durchaus die Tradition des „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong>es<br />
deutscher Frauen“ fort.<br />
Die 134 Mitglieder aus der Stadt <strong>Minden</strong> im Jahr 1967<br />
lassen sich folgenden Berufszweigen zuordnen, wobei die<br />
weiblichen Mitglieder, sofern sie nicht selbst Berufe ausübten,<br />
den Funktionen ihrer noch lebenden oder bereits gestorbenen<br />
Ehemänner zugeordnet wurden:<br />
Handel (Kaufleute, Geschäftsbesitzer): 31<br />
Industrie/Gewerbe (Fabrikanten): 22<br />
Verwaltung / Militär: 13<br />
Ärzte :11<br />
Lehrer: 10<br />
freie Berufe (Architekten, Rechtsanwälte, Ingenieure): 8<br />
Banken / Versicherungen: 5<br />
Angestellte: 5<br />
Musiker (Organisten): 2<br />
Leider lassen sich durch ungenaue Angaben wie „Witwe“<br />
oder „Rentnerin“ 27 Personen nicht eindeutig einem<br />
Wirtschaftsfeld zuordnen. Dennoch kann man anhand des<br />
ermittelten Ausschnittes vermuten, dass auch diese Personen<br />
größtenteils den genannten Sozialgruppen angehörten,<br />
zumal untere Einkommensklassen wie Arbeiter und<br />
307 <strong>Minden</strong>er Tageblatt vom 19.10.1967 („Wieland <strong>Wagner</strong> und das neue Bayreuth“).<br />
308 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, RWV, Nr. 2.<br />
309 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, RWV, Nr. 3.<br />
310 Der Bundesvorstand berichtete im Nachrichtenblatt Nr. 57 vom März 1965, dass der Ortsverband Detmold wegen Krankheit im Vorstand die Arbeit eingestellt habe. Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, RWV, Nr. 33.<br />
311 Wilberg, Protokollbücher, S. 373 und 375. In beiden Städten bestanden vor dem Zweiten Weltkrieg für kurze Zeit Ortsgruppen des RWVdF (Detmold 1936-1938, Bielefeld 1938-1944).