Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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derten Gesamtlage Rechnung tragen. Bereits in den ersten<br />
Kriegsmonaten 1914 widmeten die meisten Ortsgruppen<br />
das ihnen verbleibende Drittel der Einnahmen entweder<br />
heimischen Künstlern oder dem Roten Kreuz, letzteres traf<br />
z.B. in <strong>Minden</strong> zu. 127 Eine außerordentliche Hauptversammlung<br />
in Hannover am 18. Februar 1915 billigte schließlich<br />
diese Praxis und überließ es den Ortsgruppen, das ihnen<br />
verbleibende Drittel entweder an die Kronprinzessin-<br />
Spende abzuführen oder „zu gemeinnützigen Zwecken in<br />
der eigenen Stadt zu verwenden.“ Nachdem der Vorstand<br />
der Stipendienstiftung „in hochherziger Weise“ auf die ihm<br />
zustehenden Pflichtbeiträge des <strong>Verband</strong>es (Zweidrittel der<br />
Einnahmen) verzichtet hatte, genehmigte die Hannoveraner<br />
Hauptversammlung darüber hinaus, die freiwerdenden Gelder<br />
an die Schirmherrin, Kronprinzessin Cecilie, abzugeben,<br />
die diese für notleidende Künstler verwenden wollte. 128 Die<br />
erst seit 1914 amtierende Hauptvorsitzende Marianne Lange<br />
aus der Ortsgruppe Hannover erklärte hierzu: „Die Not<br />
der Künstler zu lindern ist eine nötige und schöne Aufgabe,<br />
die dem Geist unseres <strong>Verband</strong>es so ganz entspricht und<br />
sicherlich nach dem Sinne und Herzen unseres verehrten<br />
Meisters gewesen wäre! Wie sollen die Künstler, die jetzt<br />
durch den Krieg zum Teil schwer leiden müssen, - vielleicht<br />
gerade sie mehr als andere – die Kraft behalten zu Leben<br />
und Beruf! Ihnen in Kriegsnot zu helfen, die so oft Sonne<br />
und Schönheit in unser friedliches Leben zu tragen wussten,<br />
dünkt mich eine gute und schöne Pflicht!“ 129 <strong>Minden</strong><br />
gehörte neben Eisenach und der Gastgeberin zu den einzigen<br />
auf der Hannoveraner Hauptversammlung anwesenden<br />
Ortsgruppen. Als Vertreter entsandte <strong>Minden</strong> die Vorstands-<br />
mitglieder Luise Reimann und Eugenie Hoppe. Angesichts<br />
dieser geringen Teilnehmerzahl und der Tatsache, dass die<br />
„friedlich schöne Kulturarbeit“ des <strong>Verband</strong>es „jetzt ruhen<br />
müsste“ und so kaum ein Austausch unter den Ortsgruppen<br />
mehr nötig noch machbar war, beschloss die außerordentliche<br />
Hauptversammlung 1915 zudem, die nächstjährige Zusammenkunft<br />
„mit Rücksicht auf die gegenwärtige Kriegslage<br />
ausfallen zu lassen.“ 130 Tatsächlich sollte sogar erst nach<br />
dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1919 wieder eine ordentliche<br />
Hauptversammlung zusammentreten.<br />
1915 widmete die Ortsgruppe <strong>Minden</strong> 80 Mark von den<br />
Jahreseinnahmen an die Kronprinzessin-Spende in Hannover.<br />
Zudem hatte man noch 43 Mark übrig, um sie trotz<br />
des offiziell erklärten Verzichts an die Stipendienstiftung in<br />
München zu überweisen. Die zweite Vorsitzende Eugenie<br />
Hoppe erhielt daraufhin ein persönliches Dankschreiben<br />
des Schatzmeisters und alten <strong>Wagner</strong>-Vertrauten Friedrich<br />
von Schoen. Die vergleichsweise üppigen Zahlungen waren<br />
möglich trotz eines bereits zu spürenden Mitgliederrückgangs,<br />
von 37 Anfang 1914 auf 34 am Jahresende, der sich<br />
1915 durch den Wegzug einiger Mitglieder fortsetzte. 131<br />
Bereits 1916 verschlechterten sich die finanziellen Spielräume<br />
der <strong>Minden</strong>er Ortsgruppe, so dass nur noch eine „in<br />
großer Not sich befindene Musiklehrerin“ in der eigenen<br />
Stadt unterstützt werden konnte, deren Mann gefallen<br />
war. 132 Nachrichten aus <strong>Minden</strong> liegen für die restlichen<br />
Kriegsmonate nicht mehr vor. Veranstaltungen wie der<br />
„<strong>Wagner</strong>-Abend“ im März 1914 waren unter den Bedingungen<br />
des Ersten Weltkrieges längst nicht mehr durchführbar.<br />
126 Für den Zeitraum 1914-1920 belief sich der Gesamtbetrag auf 90.000 Mark (Wilberg, Protokollbücher, S. 49). 1921 war die Summe<br />
auf 100.000 Mark angewachsen (Wilberg, Protokollbücher, S. 55).<br />
127 <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> Museum Eisenach, Bibliothek, Zug. Nr. 3320 (Jahresbericht des RWVdF 1914, S. 18).<br />
128 Wilberg, Protokollbücher, S. 37.<br />
129 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, RWV, Nr. 34 (Gedrucktes Protokoll vom 18.2.1915). Der Wortlaut der Rede wird in den offiziellen<br />
Protokollbüchern nicht wiedergegeben, vgl. Wilberg, Protokollbücher, S. 36-37.<br />
130 Wilberg, Protokollbücher, S. 37.<br />
131 <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> Museum Eisenach, Bibliothek, Zug. Nr. 3321 (Jahresbericht des RWVdF 1915, S. 12).<br />
132 <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> Museum Eisenach, Bibliothek, Zug. Nr. 3322 (Jahresbericht des RWVdF 1916, S. 11).<br />
133 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, RWV, Nr. 34 (Jahresbericht des RWVdF 1918, S. 2).<br />
Neben 22 anderen Ortsgruppen musste der Jahresbericht<br />
1918 auch für <strong>Minden</strong> feststellen, dass „im verflossenen Jahre<br />
der schweren Kriegszeit wegen alle Vereinstätigkeit“ ruhte.<br />
133 Die Mitgliederzahl war fast wieder auf den Wert der<br />
Gründungszeit zurückgefallen und umfasste Anfang 1919<br />
23 Personen.<br />
Trotz der schwierigen Lage im Ersten Weltkrieg spendete<br />
die <strong>Minden</strong>er Ortsgruppe 1915 noch einmal 43 Mark an<br />
die Stipendienstiftung. Die zweite Vorsitzende Eugenie<br />
Hoppe erhielt daraufhin vom Schatzmeister und alten<br />
<strong>Wagner</strong>vertrauten Friedrich von Schoen dieses persönliche<br />
Dankschreiben.<br />
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