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Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV

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Wiederaufnahme der Festspiele 1924 beklagte sich Winifred<br />

<strong>Wagner</strong> über eine wahre Flut von Anträgen der Patrone, die<br />

nun ihr verbrieftes Recht einforderten und dadurch allein<br />

schon erheblichen Verwaltungsaufwand auslösten. Als einige<br />

Stiftungsmitglieder sogar bei der Besetzung der Sänger<br />

mitreden wollten und Einblicke in die Bücher der Festspielverwaltung<br />

verlangten, drohte kurz vor dem Ziel ein Eklat. In<br />

einem Brief bat Winifred <strong>Wagner</strong> ihre Vertraute Margarethe<br />

Strauß, Mitgründerin und führendes Mitglied im „<strong>Richard</strong><br />

<strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher Frauen“, um Vermittlung und<br />

forderte offen die Auflösung der Festspielstiftung, die ihre<br />

Zwecke hinlänglich erfüllt habe. Mit Blick auf ihre eigene<br />

Familie erklärte Winifred <strong>Wagner</strong> selbstbewusst: „wir stehen<br />

wieder vollkommen auf eigenen Füßen.“ 160 Dennoch konnte<br />

man auf die finanziellen Beiträge der unbequemen <strong>Wagner</strong>ianer<br />

nicht verzichten, so dass die Festspielstiftung noch<br />

bis 1929 fortbestand. Auch aus <strong>Minden</strong> wurden vereinzelt<br />

von Mitgliedern der Ortsgruppe, wie Eugenie Hoppe, Patronatscheine<br />

gezeichnet und Spenden für die Wiedereröffnung<br />

der Festspiele überwiesen. Aus den Quellen lässt sich<br />

nicht ersehen, ob die Ortsgruppe auch kollektiv an Unterstützungen<br />

beteiligt war. Größere Lokalvertretungen wie in<br />

Wien, erwarben jedoch bis zu 70 Patronatscheine. 161<br />

Für 1922 liegen uns keine schriftlichen Zeugnisse über die<br />

Vereinsarbeit in <strong>Minden</strong> vor. In Anbetracht der Aktivitäten<br />

des Vorjahres kann man jedoch wiederum von einem aus-<br />

gewogenen Programm ausgehen, so dass die Aussage der<br />

Hauptvorsitzenden Marianne Lange auf der Hauptversammlung<br />

1922, auf der <strong>Minden</strong> wiederum nicht vertreten war,<br />

auch für die Vertretung in der Weserstadt zutreffen dürfte:<br />

„Die Fortschritte in den einzelnen Gruppen sind recht erheblich<br />

gewesen.“ 162 Nach der vermutlich aus finanziellen<br />

Gründen erwachsenen Abstinenz zwischen 1920 und 1922,<br />

war die Ortsgruppe <strong>Minden</strong> ab 1923 wieder regelmäßig auf<br />

den Hauptversammlungen des Gesamtverbandes vertreten.<br />

Bis zur letzten Versammlung im Zweiten Weltkrieg fehlte sie<br />

fortan lediglich 1926 in Kassel, 1929 in Darmstadt und 1941<br />

in Bayreuth. Seit ihrem Bestehen im Sommer 1912 zählte<br />

die <strong>Minden</strong>er Ortsgruppe damit zu den treuesten Besuchern<br />

dieser allgemeinen Zusammenkünfte, und war auf 22 von<br />

insgesamt 29 Hauptversammlungen vertreten. 163<br />

Die Niederlage des Ersten Weltkrieges und der Zusammenbruch<br />

des Kaiserreichs trafen auch viele <strong>Wagner</strong>ianer im<br />

innersten Kern, waren doch die Betonung des nationalen<br />

Charakters von <strong>Wagner</strong>s Werken und der Bayreuther Festspiele<br />

ein konstitutiver Teil der <strong>Wagner</strong>bewegung seit den<br />

1870er Jahren. Warben die engsten Vertrauten des Hauses<br />

Wahnfried und die Vordenker des sogenannten „Bayreuther<br />

Kreises“ im Kaiserreich noch für die allgemeine Regeneration<br />

des deutschen Volkes auf kunstreligiöser Basis, so rückte<br />

nun die Besinnung auf nationale Inhalte in den Vordergrund.<br />

Hans von Wolzogen, der Redakteur der „Bayreuther Blät-<br />

160 Brigitte Hamann, Winifred <strong>Wagner</strong> oder Hitlers Bayreuth, München 2002 (Taschenbuchausgabe 2003), S. 127.<br />

161 Wilberg, Protokollbücher, S. 65.<br />

162 Wilberg, Protokollbücher, S. 65.<br />

163 Wilberg, Protokollbücher, S. 361-369, (Übersicht der Hauptversammlungen).<br />

164 Schüler, Der Bayreuther Kreis, S. 62.<br />

ter“, fasste 1919 in einem Aufsatz die von ihm gewünschte,<br />

neue Rolle der <strong>Wagner</strong>vereine als Hüter und Vermittler nationaler<br />

Werte programmatisch zusammen. Die Vereinsangehörigen<br />

hätten sich zu vergegenwärtigen, dass die „<strong>Wagner</strong>ische<br />

Gedankenwelt sich aufbaut auf der tiefen Erfassung<br />

des deutschen Geistes, des deutschen Volkstums, der deutschen<br />

Kultur als der notwendigen Voraussetzung alles weiteren<br />

geistig-künstlerischen Ausdrucks… Dieses Aufbauen<br />

vom festen völkischen Bewußtsein aus wird für die <strong>Wagner</strong>vereine<br />

künftig die charakteristische Lebensregel sein und<br />

bleiben müssen.“ 164<br />

Auch die Veranstaltungen der <strong>Minden</strong>er Ortsgruppe in der<br />

Weimarer Republik trugen teilweise nationalpolitische Züge,<br />

wie das Krisenjahr 1923 beweist. Aufgrund der Besetzung<br />

des Ruhrgebiets durch die Franzosen im Januar 1923 wegen<br />

ausstehender Reparationszahlungen sah sich die <strong>Minden</strong>er<br />

Ortsgruppe veranlasst, einen geplanten Gesellschaftsabend<br />

abzusagen. Dafür gewann sie den Münchener Kammersänger<br />

Max Krauss für einen Konzertabend am 9. Februar 1923<br />

in der Harmonie, dessen Einnahmen „zum Besten der Ruhrspende“<br />

Verwendung finden sollten. Im Einladungsschreiben<br />

betonte Eugenie Hoppe: „Max Krauss wird mit einem<br />

echt deutschen Programm aufwarten und eine Gruppe Heimat-<br />

und Vaterlandslieder zu Gehör bringen.“<br />

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