Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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Das offensive Auftreten der <strong>Wagner</strong>bewegung mit neuer<br />
Organisation und den „Bayreuther Blättern“ als eigenem<br />
Publikationsorgan löste zusammen mit der Aussicht auf die<br />
exklusive Teilnahme an der „Parsifal“-Uraufführung einen<br />
neuen Schub in der Vereinsgeschichte aus. Nachdem sich<br />
viele Lokalvereine nach der erfolgreichen Erstaufführung<br />
des „Rings“ 1876 wieder aufgelöst hatten, kam es nun zu<br />
einer breiten Organisation der <strong>Wagner</strong>anhänger auch in<br />
kleineren Städten außerhalb der großen Kunstmetropolen.<br />
In diesen Kontext fiel auch die Gründung des ersten, selbstständigen<br />
<strong>Wagner</strong>-Vereins in der Stadt <strong>Minden</strong> am 9. März<br />
1878. 48 Zu den Mitgliedern gehörten zwar auch die führenden<br />
Köpfe des ersten Patronats wie Jardon, Bruns und<br />
Küster. Initiator des ersten <strong>Minden</strong>er <strong>Wagner</strong>-Vereins war<br />
jedoch ein zugereister Bürger, Dr. med. Paul Druffel, der<br />
soeben als Stabsarzt beim 15. Infanterie-Regiment in die<br />
Weserstadt gekommen war. Franz Christoph Johann Peter<br />
Druffel wurde am 8. Oktober 1848 in Wiedenbrück geboren.<br />
Der Einjährig-Freiwillige arbeitete bis 1872 als praktischer<br />
Arzt in Geseke und trat 1873 als Assistenzarzt beim<br />
Militär ein. Nach Tätigkeit in verschiedenen Landwehr-<br />
Regimentern wurde er am 20. März 1877 als Assistenzarzt<br />
zum Infanterie-Regiment Prinz Friedrich der Niederlande<br />
in <strong>Minden</strong> berufen. Hier arbeitete er bis zum 14. Oktober<br />
1882, als er unter Beförderung zum Stabs- und Ba-<br />
taillonsarzt in ein Infanterie-Regiment in Trier abgeordnet<br />
wurde. 49 Dr. Peter Druffel scheint als Auswärtiger den nötigen<br />
Funken nach <strong>Minden</strong> getragen zu haben, um die dortigen<br />
<strong>Wagner</strong>anhänger in einem eigenen Verein zu sammeln.<br />
Es handelte sich dabei um den ersten <strong>Wagner</strong>verein<br />
in Westfalen überhaupt. Die „Bayreuther Blätter“ beschrieben<br />
den Gründungsakt folgendermaßen: „Auf Anregung<br />
des Herrn Dr. med. Druffel hat sich in <strong>Minden</strong> am 9. März<br />
der erste <strong>Wagner</strong>-Verein auf westfälischer Erde gebildet,<br />
der voraussichtlich 8-9 Jahresbeiträge an den Bayreuther<br />
Patronatverein zahlen wird“. 50 Noch am Abend schloss<br />
sich ein festliches Konzert an mit „Fragmenten aus dem<br />
III. Akt Tannhäuser, Walther vor der Meisterzunft aus den<br />
‚Meistersingern‘, Elsa’s Brautzug aus Lohengrin, Walthers<br />
Preislied aus den ‚Meistersingern‘ (Paraphrase), Vorspiel<br />
und Quintett aus den ‚Meistersingern‘, Lohengrin’s Verweis<br />
aus ‚Lohengrin‘, Siegmunds Liebeslied aus der ‚Walküre‘,<br />
Isoldens Liebestod aus ‚Tristan und Isolde‘.“ Bereits am 22.<br />
Mai 1878, zum Geburtstag des „Meisters“, folgte ein weiteres<br />
großes Konzert. Mitwirkende der ersten beiden Veranstaltungen<br />
waren jeweils Mitglieder des Vereins. 51<br />
Am 29. Oktober 1878 fand erstmals eine Generalversammlung<br />
des <strong>Minden</strong>er <strong>Wagner</strong>-Vereins statt, der nunmehr eigene<br />
Statuten annahm und damit seine Selbstständigkeit<br />
Arbeitszimmer <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s in Wahnfried<br />
mit Städtewappen an der Decke<br />
48 Die Geschichte des ersten <strong>Minden</strong>er <strong>Wagner</strong>-Vereins von 1878-1882 lässt sich bislang nur aus Nachrichten in den „Bayreuther Blättern“ erschließen. Schriftgut des Vereins ist nicht mehr vorhanden.<br />
Selbst die <strong>Minden</strong>er Tageszeitungen geben keine Hinweise auf die Tätigkeit des Vereins.<br />
49 Hans Cramer, Offizier-Geschichte des Infanterie-Regiments Prinz Friedrich der Niederlande (2. Westfälisches) Nr. 15, <strong>Minden</strong> 1897, S. 277.<br />
50 Bayreuther Blätter, 3. Stück, März 1878, S. 79.<br />
51 Bayreuther Blätter, 10. Stück, Oktober 1878, S. 307. Programm vom 22.5.1878: „Pilgerchor aus „Tannhäuser“, Largo für Violine, Harfe und Orgel von Händel, II. Szene des III. Aktes aus „Tannhäuser“,<br />
Duo für Violine und Klavier über Motive aus dem „fliegenden Holländer“ von Raff, Psalm 23 von F. Schubert, Larghetto aus dem Klarinetten-Quintett von Mozart, zwei Lieder für Baryton von Rob. Franz<br />
und Liszt, Duo für Violine und Klavier über Motive aus „Tannhäuser“ von Raff, Trauermarsch beim Tode Siegfried’s aus der Götterdämmerung.“