Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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„Tristan und Isolde“, wobei man sich an der Münchener<br />
Uraufführung von 1865 orientierte.<br />
Immer mehr begann sich Cosima <strong>Wagner</strong> eine unabhängige<br />
Stellung zu erarbeiten. Mit Hilfe ihres Vertrauten Adolf<br />
von Groß ließ sie die Rechte an <strong>Wagner</strong>s Werken klären,<br />
die auf der ganzen Welt immer häufiger gespielt wurden<br />
und so eine große Einnahmequelle darstellten. Auch für<br />
die Festspiele gelang es Cosima, ein finanzstarkes und<br />
immer exklusiveres Publikum v. a. aus der internationalen<br />
Aristokratie zu gewinnen, wobei ihr die eigenen, vielfältigen<br />
Kontakte und die selbst genossene, streng-noble Erziehung<br />
durchaus zu statten kamen. Nicht alle <strong>Wagner</strong>ianer<br />
sahen allerdings die Konservierung des Aufführungsstils<br />
und die fortschreitende Entwicklung zum Bayreuther „vanity<br />
fair“ mit Wohlwollen und wandten sich enttäuscht von<br />
den „Cosimanern“, wie sie die ergebenen Anhänger und<br />
Mitstreiter des Hauses Wahnfried nannten, ab. 80 Aufgrund<br />
der neu gewonnenen Klientel und der erfolgreichen Etablierung<br />
der Festspiele hatte sich Cosima <strong>Wagner</strong> einen hohen<br />
Grad an Autonomie gesichert und war immer weniger<br />
auf die Mitglieder der <strong>Wagner</strong>vereine angewiesen. Bereits<br />
1889 gab sie in einem Brief an Ludwig Schemann, der um<br />
eine materielle Unterstützung durch den „ARWV“ gebeten<br />
hatte, ihre wachsende Unzufriedenheit kund: „Von dem<br />
Verein das zu verlangen, fällt mir insofern schwer, als,<br />
wenn ich je einen Wunsch ausgesprochen habe, derselbe<br />
mir abgeschlagen worden ist, und er dadurch ebensowenig<br />
für Bayreuth tut als andere, als er nur Plätze für<br />
80 Hamann, Familie <strong>Wagner</strong>, S. 70-76.<br />
81 Schüler, Der Bayreuther Kreis, S. 60.<br />
82 Veltzke, Vom Patron zum Paladin, S. 358.<br />
83 Veltzke, Vom Patron zum Paladin, S. 359.<br />
Aufführungen ankauft und keinerlei Unterstützung sonst<br />
uns zukommen läßt. Der große für mich unschätzbare Verdienst<br />
dieses Vereins ist, das er die B.Bl. [Bayreuther Blätter]<br />
herausgibt, und deshalb wünsche ich ihm Gedeihen<br />
und Fortbestehen.“ 81<br />
Das Festspieljahr 1891 brachte einen handfesten Eklat zwischen<br />
Bayreuth und den <strong>Wagner</strong>vereinen, der die Entwicklung<br />
des „ARWV“ jäh zusammenbrechen lassen sollte.<br />
Hatte der Verein für die ersten Festspiele noch 1000 Freibillette<br />
und 1886 um die Hälfte ermäßigte Eintrittskarten<br />
(regulärer Preis: 30 Mark) erhalten, fielen diese Vergünstigungen<br />
nunmehr fort. Als 1891 eine nie dagewesene<br />
Nachfrage nach Festspielkarten einsetzte, unterließ es der<br />
Verwaltungsrat, „die Vereine davon rechtzeitig in Kenntnis<br />
zu setzen, so daß viele Vereinswagnerianer für dieses Mal<br />
ohne Karten blieben.“ 82<br />
Noch vor der obligatorischen Generalversammlung im Juli<br />
1891 versandte der Akademische <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>-Verein<br />
in Leipzig ein wütendes Protestschreiben an die übrigen<br />
Zweigvereine und Ortsvertretungen, welches das Verhalten<br />
Cosimas und des Verwaltungsrates, insbesondere von<br />
dessen Mitglied und Vorsitzenden des Bayreuther <strong>Wagner</strong>vereins,<br />
Bürgermeister Muncker, rügte, dem am ehesten<br />
die Benachrichtigung des „ARWV“ oblegen hätte. Die<br />
Generalversammlung fand in erregter Stimmung statt, die<br />
noch von der Aussage Cosimas angeheizt worden war,<br />
„der Verein besitze keinen Anteil an der Verwirklichung<br />
der Festspiele“. 83<br />
Nach <strong>Wagner</strong>s Tod sammelten sich seine<br />
<strong>Minden</strong>er Anhänger nicht mehr in einem Verein.<br />
Einzelne Persönlichkeiten, wie der geistreiche<br />
Max Bruns (1876-1945), der Sohn des Druckereibesitzers<br />
Gustav Bruns, gaben ihre Verehrung<br />
aber weiterhin kund.<br />
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