Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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Am 13. Juli 1876 in <strong>Minden</strong> geboren, erbte Max Bruns<br />
von seinem Vater die Begeisterung für die Musik und spielte<br />
mit Leidenschaft Klavier und Violine. Obwohl es sein<br />
größter Wunsch war, Musiker zu werden, gebot ihm die<br />
Pflicht gegenüber dem Familienbetrieb nach dem Besuch<br />
des Gymnasiums eine Druckerlehre aufzunehmen. 1898<br />
trat er in das väterliche Unternehmen ein, übernahm dort<br />
aber aufgrund seines tiefen Sinns für Literatur die Leitung<br />
des Buchverlages, den er Anfang des 20. Jahrhunderts zu<br />
einer beachtlichen Blüte führte. 1899 heiratete er Margarete<br />
Sieckmann, die seine schöngeistigen Interessen teilte,<br />
und u. a. auch an der Herausgabe der Werke von Charles<br />
Baudelaire in deutscher Sprache mitwirkte. 87<br />
Sein Nachlass enthält zahlreiche Notizen, Gedichte und<br />
Aufsätze über <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> sowie Rezensionen von<br />
Aufführungen seiner Werke. Auch im Vorwort zu Baudelaires<br />
Abhandlung „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> und ‚Tannhäuser’ in<br />
Paris“(1861), welche die Hinwendung des Schriftstellers<br />
zu einem der eifrigsten <strong>Wagner</strong>anhänger in Frankreich darstellte,<br />
ließ es sich Max Bruns nicht nehmen, seine ganz eigene,<br />
differenzierte Sicht auf den Komponisten darzulegen:<br />
„Die Seele kann sich selber nur fühlen, wenn sie sich ge-<br />
87 Hans Gressel, Der <strong>Minden</strong>er Dichter Max Bruns. Weg und Werk eines begnadeten Künstlers. Sonderdruck aus der <strong>Festschrift</strong> zur 425-Jahrfeier des <strong>Minden</strong>er Gymnasiums, <strong>Minden</strong> 1955. Heinz Sarkowski,<br />
J.C.C. Bruns in <strong>Minden</strong>. Hinweis auf einen fast vergessenen Verlag, in: Imprimatur. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde. Neue Folge Band VI., Frankfurt a.M. 1969, S.121 ff.<br />
88 Bruns (Hrsg.), Charles Baudelaires Werke. Der Dritte Band, Einleitung S. XV-XVIII und S. XXVII.<br />
89 Veltzke, Mythos des Erlösers, S. 173 und 195-198.<br />
gen die Erscheinungen stösst – und dies bedeutet ‚Leidenschaft’<br />
– und in dieser Leidenschaft gewinnt sie also ihr<br />
höchstmögliches ‚Selbstgefühl’. Der Geist wird sich sein<br />
selbst nur dann bewusst, wenn er alles Äusserliche von<br />
sich abstösst – und dies bedeutet ‚Klarheit’ – und in dieser<br />
Klarheit hat er also sein ‚Selbstbewusstsein.’ Demnach: Im<br />
Rausche der Bewusstlosigkeit, im „ungebändigten Gähren<br />
der Substanz“, verliert sich der Geist; in der Überwindung<br />
der Leidenschaft findet er sich ihm selber näher. Rauschkunst<br />
und geistige Kunst sind also die beiden schärfsten<br />
Gegensätze! – <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s Musik zeigt alle Phänomene<br />
einer Rauschkunst in einem bislang ganz unerhörten<br />
Maße; sie ist die selbst-loseste Kunst im geistigen – die<br />
selbst-süchtigste im seelischen (animalischen) Sinne … Es<br />
handelt sich also für <strong>Wagner</strong> darum, die menschlichen Leidenschaften<br />
in ‚reiner’ – nämlich absoluter – Form zur Darstellung<br />
zu bringen; das Resultat dieser ‚Reinigung’ ist die<br />
poetische Schönheit. Und also richtet er seinen Ehrgeiz darauf,<br />
schöne, grossartige Kunstwerke hervorzubringen, denen<br />
er dann aber noch – moralische Tendenzen eingiebt,<br />
vornehmlich ja die Lehre von der ‚Verneinung’… Manche<br />
sind heut <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s müde; das ist die Ernüchterung<br />
nach dem grossen Rausche, - ein kleines philiströses Zwi-<br />
schenspiel. Man möchte in dieser allzu nervösen Zeit die<br />
ruhige Formenschönheit Mozarts nun plötzlich wieder als<br />
das ‚Höchste’ preisen. Solche Sprünge sind immer charakteristisch<br />
für die exklusiven „!!!ianer“, die jeweils nur für<br />
Eine grosse Liebe ‚Raum im Busen hegen’. Ich für meine<br />
Person hoffe an <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> noch lange meine Genüsse<br />
zu haben. O, ich leugne gar nicht, dass da oft das<br />
Lächeln der Ironie hineinspielt. Ich bin mir meiner Schwächen<br />
wohl bewusst … Aber zumeist sind’s doch immer<br />
wieder die alten Germanengötter, die … mir gar so manchen<br />
freundlichen Spass bereiten.“ 88<br />
Auch in der Unterstützung des Künstlers „Fidus“ (eigentlich<br />
Hugo Höppener), der u. a. Szenen aus <strong>Wagner</strong>s Werken<br />
illustrierte, setzte Max Bruns die vom Vater begonnene<br />
Tradition fort, den <strong>Minden</strong>er Buch- und Zeitungsverlag für<br />
die <strong>Wagner</strong>pflege einzusetzen.<br />
Die fehlende Vertretung des „ARWV“ in <strong>Minden</strong> und das<br />
Desinteresse der hiesigen Männer an der Wiederbegründung<br />
eines <strong>Minden</strong>er <strong>Wagner</strong>vereins bereitete in der Weserstadt<br />
den Boden für eine ganz neue Organisation in der<br />
<strong>Wagner</strong>bewegung, dem „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher<br />
Frauen“. 89