15.12.2012 Aufrufe

Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV

Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV

Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

62<br />

In der NS-Zeit erwuchs dem RWVdF eine scharfe Konkurrenz im 1925 gegründeten<br />

„Bayreuther Bund“, der von führenden Parteimitgliedern protegiert wurde.<br />

1939 gründete dieser eigene Ortsverbände in <strong>Minden</strong> und Bad Oeynhausen.<br />

Trotz der rigiden Vorgaben der neuen Satzung gestaltete<br />

sich die Praxis im <strong>Verband</strong> traditionell partnerschaftlich.<br />

Offene Konflikte zwischen Vorsitzenden und Mitgliedern<br />

oder rücksichtsloses Verhalten der neu ausgestatteten Führungskräfte,<br />

sowohl auf Gesamt- wie auf Ortsebene, sind<br />

nicht festzustellen. Obwohl sie prinzipiell in den Ortsgruppen<br />

nicht mehr vorgesehen und notwendig waren, hielten<br />

die Vorsitzenden auch weiterhin Mitgliederversammlungen<br />

ab, auf denen diese zumindest Rücksprachen über<br />

anstehende Fragen vornahmen, und Personaländerungen<br />

oder größere Projekte sogar zur Abstimmung stellten.<br />

Bis zum Zweiten Weltkrieg sind nur noch kleinere Veränderungen<br />

an der Satzung vom 15. Januar 1934 vorgenommen<br />

worden. 1938 kam die Umbenennung der lokalen<br />

Organisationen in „Ortsverbände“ auf Druck der NSDAP<br />

zustande, die den bisherigen Begriff „Ortsgruppe“ für ihre<br />

eigenen Parteigliederungen reklamierte und Verwechselungen<br />

ausschließen wollte. 199<br />

Trotz der Bestandsgarantie von 1934 und der organisatorischen<br />

Anpassung an den neuen Staat zogen sich durch<br />

die gesamte NS-Zeit Vereinigungsbestrebungen mit nationalsozialistisch<br />

bestimmten Organisationen. NS-Vertreter<br />

rund um den Propagandaminister Joseph Goebbels drängten<br />

den „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher Frauen“ insbesondere<br />

zu einem Beitritt in die Reichsmusikkammer,<br />

die 1933 als Teil der Reichskulturkammer geschaffen wur-<br />

199 Wilberg, Protokollbücher, S. 331.<br />

200 Hamann, Winifred <strong>Wagner</strong>, S. 263.<br />

201 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, Kreisausschuss <strong>Minden</strong>, Nr. 3201.<br />

de, um die Kontrolle über das kulturelle Leben in Deutschland<br />

zu erlangen. Selbst Spitzel der Gestapo wurden in<br />

Veranstaltungen des Frauenverbandes eingeschleust, um<br />

Argumente gegen seinen Fortbestand zu sammeln und seine<br />

Arbeit zu diskreditieren. Voll Häme berichtete ein vom<br />

Sicherheitshauptamt beauftragter Parteigenosse über den<br />

Besuch eines Abends bei der Berliner Ortsgruppe 1935,<br />

er habe „in der Unterhaltung mit Vorstandsmitgliedern beachtliche<br />

Bildungslücken hinsichtlich der Bayreuther Probleme<br />

festgestellt. Einzelne Damen wußten weder etwas<br />

von dem Verhältnis zwischen <strong>Wagner</strong> und Nietzsche noch<br />

ahnten sie, daß in der heutigen nordischen Bewegung gewisse<br />

geistige Strömungen gegen <strong>Wagner</strong> bestehen. Da die<br />

Veranstaltungen sehr teuer sind, so findet sich eine rein exklusive<br />

Gesellschaft zusammen, und die Zusammenkünfte<br />

bedeuten praktisch eine Abspaltung vom Volksgedanken<br />

und eine Verfestigung des Klassenkampfes.“ 200<br />

Auch für die wichtige und prestigeträchtige Ortsgruppe<br />

in der Reichshauptstadt konnte Winifred <strong>Wagner</strong> einen<br />

wirksamen Schutz aufbauen, in dem sie Ilse Göring, die<br />

Schwester des ausgesprochenen Goebbels-Konkurrenten<br />

Hermann Göring, 1936 für die Übernahme des dortigen<br />

Vorsitzes gewann.<br />

Eine spannungsreiche Beziehung aus Zusammenarbeit und<br />

Konkurrenz ergab sich insbesondere mit dem „Bayreuther<br />

Bund“, der von führenden Nationalsozialisten protegiert<br />

wurde. Der als <strong>Wagner</strong>experte gefeierte Otto Daube (geb.<br />

12. Juni 1900) hatte zusammen mit Hans von Wolzogen,<br />

Helena Wallem und Franz Stassen während der Festspiele<br />

1925 den „Bayreuther Bund der deutschen Jugend“ ins Leben<br />

gerufen und das Ehepaar Siegfried und Winifred <strong>Wagner</strong><br />

für die Übernahme des Ehrenpräsidiums gewonnen.<br />

Als Zweck nannte der neue <strong>Verband</strong> in seiner Satzung „die<br />

Pflege des Bayreuther Gedankens und seine Vermittlung an<br />

die deutsche Öffentlichkeit, insbesondere an die Jugend<br />

und den schaffenden deutschen Volksgenossen. Pflege<br />

deutscher Meisterkunst, des großen Kulturerbes der deutschen<br />

Vergangenheit und großer deutscher Kulturtaten der<br />

Gegenwart.“ 201 Schon in den 1920er Jahren war der „Bayreuther<br />

Bund“ an den „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher<br />

Frauen“ wegen einer möglichen Vereinigung herangetreten.<br />

Die Vorstöße waren aber aufgrund unterschiedlicher<br />

Zielsetzung und gegenseitiger Konkurrenz immer wieder<br />

gescheitert, obwohl in der Person des Vorsitzenden Otto<br />

Daube sogar persönliche Verbindungen bestanden, da dieser<br />

1924 eine Ortsgruppe des Frauenverbandes im thüringischen<br />

Eisenberg und 1936 in seiner neuen Heimat und<br />

Wirkungsstätte Detmold begründet hatte.<br />

Die Vereinigungsbestrebungen nahmen seit der Machtergreifung<br />

schärfere Formen an. Der Verwaltungssitz des<br />

„Bayreuther Bundes“ lag im lippischen Detmold und<br />

gehörte damit innerhalb der nationalsozialistischen Parteiorganisation<br />

zum Reichsgau Westfalen-Nord, dessen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!