Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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In der NS-Zeit erwuchs dem RWVdF eine scharfe Konkurrenz im 1925 gegründeten<br />
„Bayreuther Bund“, der von führenden Parteimitgliedern protegiert wurde.<br />
1939 gründete dieser eigene Ortsverbände in <strong>Minden</strong> und Bad Oeynhausen.<br />
Trotz der rigiden Vorgaben der neuen Satzung gestaltete<br />
sich die Praxis im <strong>Verband</strong> traditionell partnerschaftlich.<br />
Offene Konflikte zwischen Vorsitzenden und Mitgliedern<br />
oder rücksichtsloses Verhalten der neu ausgestatteten Führungskräfte,<br />
sowohl auf Gesamt- wie auf Ortsebene, sind<br />
nicht festzustellen. Obwohl sie prinzipiell in den Ortsgruppen<br />
nicht mehr vorgesehen und notwendig waren, hielten<br />
die Vorsitzenden auch weiterhin Mitgliederversammlungen<br />
ab, auf denen diese zumindest Rücksprachen über<br />
anstehende Fragen vornahmen, und Personaländerungen<br />
oder größere Projekte sogar zur Abstimmung stellten.<br />
Bis zum Zweiten Weltkrieg sind nur noch kleinere Veränderungen<br />
an der Satzung vom 15. Januar 1934 vorgenommen<br />
worden. 1938 kam die Umbenennung der lokalen<br />
Organisationen in „Ortsverbände“ auf Druck der NSDAP<br />
zustande, die den bisherigen Begriff „Ortsgruppe“ für ihre<br />
eigenen Parteigliederungen reklamierte und Verwechselungen<br />
ausschließen wollte. 199<br />
Trotz der Bestandsgarantie von 1934 und der organisatorischen<br />
Anpassung an den neuen Staat zogen sich durch<br />
die gesamte NS-Zeit Vereinigungsbestrebungen mit nationalsozialistisch<br />
bestimmten Organisationen. NS-Vertreter<br />
rund um den Propagandaminister Joseph Goebbels drängten<br />
den „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher Frauen“ insbesondere<br />
zu einem Beitritt in die Reichsmusikkammer,<br />
die 1933 als Teil der Reichskulturkammer geschaffen wur-<br />
199 Wilberg, Protokollbücher, S. 331.<br />
200 Hamann, Winifred <strong>Wagner</strong>, S. 263.<br />
201 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, Kreisausschuss <strong>Minden</strong>, Nr. 3201.<br />
de, um die Kontrolle über das kulturelle Leben in Deutschland<br />
zu erlangen. Selbst Spitzel der Gestapo wurden in<br />
Veranstaltungen des Frauenverbandes eingeschleust, um<br />
Argumente gegen seinen Fortbestand zu sammeln und seine<br />
Arbeit zu diskreditieren. Voll Häme berichtete ein vom<br />
Sicherheitshauptamt beauftragter Parteigenosse über den<br />
Besuch eines Abends bei der Berliner Ortsgruppe 1935,<br />
er habe „in der Unterhaltung mit Vorstandsmitgliedern beachtliche<br />
Bildungslücken hinsichtlich der Bayreuther Probleme<br />
festgestellt. Einzelne Damen wußten weder etwas<br />
von dem Verhältnis zwischen <strong>Wagner</strong> und Nietzsche noch<br />
ahnten sie, daß in der heutigen nordischen Bewegung gewisse<br />
geistige Strömungen gegen <strong>Wagner</strong> bestehen. Da die<br />
Veranstaltungen sehr teuer sind, so findet sich eine rein exklusive<br />
Gesellschaft zusammen, und die Zusammenkünfte<br />
bedeuten praktisch eine Abspaltung vom Volksgedanken<br />
und eine Verfestigung des Klassenkampfes.“ 200<br />
Auch für die wichtige und prestigeträchtige Ortsgruppe<br />
in der Reichshauptstadt konnte Winifred <strong>Wagner</strong> einen<br />
wirksamen Schutz aufbauen, in dem sie Ilse Göring, die<br />
Schwester des ausgesprochenen Goebbels-Konkurrenten<br />
Hermann Göring, 1936 für die Übernahme des dortigen<br />
Vorsitzes gewann.<br />
Eine spannungsreiche Beziehung aus Zusammenarbeit und<br />
Konkurrenz ergab sich insbesondere mit dem „Bayreuther<br />
Bund“, der von führenden Nationalsozialisten protegiert<br />
wurde. Der als <strong>Wagner</strong>experte gefeierte Otto Daube (geb.<br />
12. Juni 1900) hatte zusammen mit Hans von Wolzogen,<br />
Helena Wallem und Franz Stassen während der Festspiele<br />
1925 den „Bayreuther Bund der deutschen Jugend“ ins Leben<br />
gerufen und das Ehepaar Siegfried und Winifred <strong>Wagner</strong><br />
für die Übernahme des Ehrenpräsidiums gewonnen.<br />
Als Zweck nannte der neue <strong>Verband</strong> in seiner Satzung „die<br />
Pflege des Bayreuther Gedankens und seine Vermittlung an<br />
die deutsche Öffentlichkeit, insbesondere an die Jugend<br />
und den schaffenden deutschen Volksgenossen. Pflege<br />
deutscher Meisterkunst, des großen Kulturerbes der deutschen<br />
Vergangenheit und großer deutscher Kulturtaten der<br />
Gegenwart.“ 201 Schon in den 1920er Jahren war der „Bayreuther<br />
Bund“ an den „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher<br />
Frauen“ wegen einer möglichen Vereinigung herangetreten.<br />
Die Vorstöße waren aber aufgrund unterschiedlicher<br />
Zielsetzung und gegenseitiger Konkurrenz immer wieder<br />
gescheitert, obwohl in der Person des Vorsitzenden Otto<br />
Daube sogar persönliche Verbindungen bestanden, da dieser<br />
1924 eine Ortsgruppe des Frauenverbandes im thüringischen<br />
Eisenberg und 1936 in seiner neuen Heimat und<br />
Wirkungsstätte Detmold begründet hatte.<br />
Die Vereinigungsbestrebungen nahmen seit der Machtergreifung<br />
schärfere Formen an. Der Verwaltungssitz des<br />
„Bayreuther Bundes“ lag im lippischen Detmold und<br />
gehörte damit innerhalb der nationalsozialistischen Parteiorganisation<br />
zum Reichsgau Westfalen-Nord, dessen