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Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV

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„Bayreuther Patronatverein“ und der erste <strong>Wagner</strong>-Verein in <strong>Minden</strong><br />

Nach den ersten Festspielen 1876 schlug <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong><br />

vor, seine Anhänger und die Mitglieder der verschiedenen<br />

Lokalvereine in einem allgemeinen Dachverband<br />

zusammenzuschließen, dem im September 1877 mit eigenen<br />

Statuten begründeten „Bayreuther Patronatverein“.<br />

Hauptzweck des Vereins sollte „die Errichtung und Erhaltung<br />

einer unter <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> stehenden Schule“ sein,<br />

„deren Aufgabe es ist, Sänger, Musiker und Dirigenten<br />

heranzubilden, um stilistisch-mustergültige Aufführungen<br />

musikalischer und dramatisch-musikalischer Werke zu<br />

veranstalten und die Wiederaufnahme der Bühnenfestspiele<br />

zu ermöglichen.“ Nur Mitglieder des Patronatvereins,<br />

die einen Jahresbeitrag von 15 Mark zu entrichten hatten,<br />

waren an der Teilnahme von Veranstaltungen dieser sogenannten<br />

„Stilbildungsschule“ und damit auch der künftigen<br />

Festspiele berechtigt. Die enge Verquickung zwischen<br />

Bayreuth und dem neuen Gesamtverband sprach sich auch<br />

in der Ernennung des Verwaltungsrates der Festspiele zum<br />

Vereinsvorstand aus. 44 Nach den Vorstellungen <strong>Wagner</strong>s<br />

sollte der Patronatverein, anders als beim ersten Patronat<br />

für die Festspiele 1876, nicht als reine „Finanzarmee“ des<br />

Bayreuther Werkes dienen. Deutlicher denn je sollte der<br />

Patronatverein die geistige Schulung im kunstreligiösen<br />

Sinne gewährleisten, vor allem im Hinblick auf die kommende<br />

Aufführung des Bühnenweihfestspiels „Parsifal“,<br />

für das sich die Mitglieder, welche laut Statuten ja ein exklusives<br />

Teilnahmerecht besaßen, innerlich vorzubereiten<br />

hatten. Das gesamte <strong>Wagner</strong>vereinswesen sollte für die<br />

von Bayreuth gewünschte, umfassende Kulturreform eingespannt<br />

werden.<br />

Hans von Wolzogen, das literarische Sprachrohr des Hauses<br />

Wahnfried, gab die neue Zielsetzung in einem Brief an<br />

Ludwig Schemann wieder: „Sie wissen, daß die vor allem<br />

so notwendige einheitliche Agitation der neuen Kulturbewegung,<br />

wie sie aus dem Schoß der Musik durch die Kulissen<br />

des Theaters sich in die Welt verbreiten soll, von der<br />

Bildung eines Gesamtvereins abhängt, der zunächst sich<br />

den harmlosen Titel einer Versicherungsgesellschaft für die<br />

Bayreuther Bühnenfestspiele, als einer Hochschule musikalisch-dramatischer<br />

stilvoller Darstellungskunst, geben<br />

wird. Von diesem kleinen, scheinbar einseitigen Anfang<br />

hängt in der Tat alles ab, was wir hoffen und wünschen.<br />

In der Wüste des modernen Materialismus, die uns umgibt<br />

wie das Meer einer neuen Sintflut, ist wahrhaftig diese unscheinbare<br />

Erscheinung die einzig Bergung versprechende<br />

Arche.“ 45 Als ideologisches Rüstzeug rief <strong>Wagner</strong> 1878 die<br />

„Bayreuther Blätter“ ins Leben, die unter der Redaktion<br />

Hans von Wolzogens standen und dem Verein sogleich als<br />

Publikationsorgan verordnet wurden. Jedes Mitglied des<br />

Bayreuther Patronatvereins war zur Abnahme der zweimonatlich<br />

erscheinenden Zeitschrift verpflichtet, in dem neben<br />

Aufsätzen aus <strong>Wagner</strong>s Umkreis zu kulturellen, musikalischen<br />

und religiösen Themen auch Nachrichten aus<br />

dem Vereinsleben Aufnahme fanden.<br />

Anders als ursprünglich geplant, unterstellten sich jedoch<br />

nur wenige der alten Lokalvereine dem neuen Dachverband<br />

des „Bayreuther Patronatvereins“. Zumeist traten<br />

Mitglieder nur in eigener Person dem neuen Großverband<br />

bei und fungierten zusammen in ihrer Stadt als sogenannte<br />

„Ortsvertretung“ des Patronatvereins. 46 Nur in München<br />

und Berlin sowie mit dem „Pfälzischen Patronatverein“ bildeten<br />

sich echte Zweigvereine des Patronatvereins. Zum<br />

Jahresende 1878 gehörten dem „Bayreuther Patronatverein“<br />

bereits 1582 Mitglieder in 85 offiziellen Vertretungen<br />

bzw. Zweigvereinen an. Nachdem der Verein 1880 mit<br />

1693 Mitgliedern seinen Höchststand erreicht, schmolz<br />

diese Zahl innerhalb eines Jahres auf 1409. 47<br />

44 Veltzke, Vom Patron zum Paladin, S. 152-153.<br />

45 Schüler, Der Bayreuther Kreis, S. 59.<br />

46 Veltzke, Vom Patron zum Paladin, S. 197.<br />

47 Hans von Wolzogen, 1877-1886. Ein Jahrzehnt des Vereinslebens in statistischen Daten, in: Joseph Kürschner (Hrsg.), <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>-Jahrbuch. Erster Band, Stuttgart 1886, S. 343-346.<br />

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