Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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„Allgemeiner <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> Verein“ nach dem Tod <strong>Wagner</strong>s<br />
Neben Straßburg und <strong>Minden</strong> waren auch andere, unabhängige<br />
Lokal-Vereine, zumeist in kleineren Städten, vom<br />
Krisenjahr 1882 der <strong>Wagner</strong>bewegung betroffen. Auch ließ<br />
die lang erwartete und endlich miterlebte Aufführung des<br />
„Parsifals“ den Elan vieler <strong>Wagner</strong>anhänger erlahmen. Nur<br />
die älteren Vereine der 1870er Jahre wie Leipzig, Wien<br />
oder München mit großer Mitgliederbasis und langer Tradition<br />
der <strong>Wagner</strong>pflege bestanden unbeschadet fort. Aus<br />
ihrem Kreis entwickelte sich nach dem Tod <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s<br />
am 13. Februar 1883 auch der Wunsch, einen neuen<br />
Dachverband für die <strong>Wagner</strong>anhänger zu begründen.<br />
Die Initiative ergriff der Münchener <strong>Wagner</strong>verein unter<br />
dem besonderen Engagement ihres zweiten Vorsitzenden,<br />
Ferdinand Graf Sporck, der vom Blätter-Redakteur Wolzogen<br />
als „die noble Seele der ganzen Bewegung“ bezeichnet<br />
wurde. 73 Zusammen mit dem virilen „Wiener Akademischen<br />
<strong>Wagner</strong>-Verein“ riefen die Münchener für den 14.<br />
Mai 1883 eine Delegiertenversammlung nach Nürnberg<br />
ein, die dort den „Allgemeinen <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> Verein“ ins<br />
Leben rief. Als Hauptzweck legten die Statuten die materielle<br />
Unterstützung der Bayreuther Festspiele fest, um sie<br />
73 Veltzke, Vom Patron zum Paladin, S. 324.<br />
74 Wolzogen, Ein Jahrzehnt, S. 349.<br />
75 Veltzke, Mythos des Erlösers, S. 100.<br />
„für alle Zeiten erhalten zu helfen und zunächst periodische,<br />
mindestens in jedem dritten Jahre wiederkehrende<br />
Aufführungen der Werke <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s im Festspielhause“<br />
zu ermöglichen. 74<br />
Mehr denn je entsprach der „Allgemeine <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>-<br />
Verein“ (ARWV) einer bürgerlichen Vereinigung, die organisatorisch<br />
streng durchgegliedert und auf Gewinnung einer<br />
großen Mitgliedermasse ausgerichtet war. Dem neuen<br />
Dachverband waren Ortsvertretungen und Zweigvereine<br />
angeschlossen. Erstere bündelten wie beim Bayreuther Patronatverein<br />
lediglich die einzelnen Mitglieder vor Ort und<br />
waren der Zentralleitung direkt unterstellt. Zu den Zweigvereinen<br />
gehörten die alten oder neugegründeten Lokalvereine<br />
mit eigenen Statuten und separaten Mitgliedsbeiträgen.<br />
Zum Zweigverein konnte jede Ortsvertretung auf Beschluss<br />
der Mitglieder aufsteigen, sofern sie mindestens 20 Personen<br />
zählte. Anders als beim Bayreuther Patronatverein<br />
unterstellten sich diesmal fast alle selbständigen <strong>Wagner</strong>vereine<br />
dem neuen „Allgemeinen <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>-Verein“.<br />
In jedem Festspieljahr fand eine Generalversammlung der<br />
Mitglieder statt, welche die neue Zentralleitung wählte<br />
und den Kassen- und Rechenschaftsbericht entgegennahm.<br />
Die Zentralleitung wurde wechselnd an einen Zweigverein<br />
vergeben, der mindestens 100 Mitglieder zählte. Neben<br />
dem Redakteur der „Bayreuther Blätter“ umfasste sie<br />
acht Personen des jeweiligen Zweigvereins und führte die<br />
laufenden Geschäfte des Gesamtverbandes, nahm die Jahresbeiträge<br />
der persönlichen und korporativen Mitglieder<br />
sowie die Tätigkeitsberichte der einzelnen Vereine entgegen.<br />
Im Laufe seiner Geschichte lag die Zentralleitung des<br />
„ARWV“ zunächst bei dem für die Gründung verantwortlichen<br />
Münchener <strong>Wagner</strong>verein (1883-1887) und wechselte<br />
dann nach Berlin/Potsdam (1887-1913), Leipzig (1913-<br />
1931) und zuletzt Würzburg (ab 1931). Nachrichten der<br />
angeschlossenen Vereinigungen wurden regelmäßig in den<br />
„Bayreuther Blättern“ veröffentlicht, die mit der Gründung<br />
1883 offiziell vom „ARWV“ übernommen wurden und somit<br />
als Vereinszeitschrift galten. Seit 1884 brachte der Verein<br />
zudem den „Bayreuther Taschenkalender“ heraus, mit<br />
dem man versuchte, die äußerst sperrigen Artikel und den<br />
„verquasten Ton der Bayreuther Blätter auf ein für breite<br />
Kreise genießbares Niveau herunterzutransponieren.“ 75<br />
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