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Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV

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„Gleichschaltung“ und Fusionierungsdruck in der NS-Zeit<br />

Wie bei fast allen Vereinen bestand auch für den „<strong>Richard</strong><br />

<strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher Frauen“ nach der Machtübernahme<br />

durch die Nationalsozialisten die Gefahr der<br />

„Gleichschaltung“ durch Einbindung in Gliederungen der<br />

Partei, hier speziell in die NS-Frauenschaft bzw. in das<br />

Deutsche Frauenwerk. Das Deutsche Frauenwerk wurde<br />

im Oktober 1933 als Sammelbecken für diverse Frauenvereine<br />

gegründet, besaß selbst den Status eines eingetragenen<br />

Vereins und war durch die gemeinsame Leitung durch<br />

Else Scholz-Klink eng mit der NS-Frauenschaft verzahnt.<br />

Nach und nach wurden selbst angesehene Vereine wie der<br />

Königin-Luise-Bund oder die Schwesternschaft des Deutschen<br />

Roten Kreuzes dem Deutschen Frauenwerk unterstellt<br />

– ein Schicksal, das auch dem „RWVdF“ zugedacht<br />

war, zumal selbst die Männervereine wie der „Allgemeine<br />

<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> Verein“ von den Gleichschaltungsbestrebungen<br />

entsprechender Parteigliederungen nicht verschont<br />

blieben. Für die Unabhängigkeit des Frauenverbandes<br />

setzte sich allerdings besonders erfolgreich die Leiterin der<br />

Bayreuther Festspiele, Winifred <strong>Wagner</strong>, ein. Während sie<br />

anderen, hilfesuchenden <strong>Wagner</strong>verbänden im Jahr der<br />

„Machtergreifung“ durch ihre Sekretärin ausrichten ließ,<br />

dass sie alle Vereine grundsätzlich ablehne („den akademischen<br />

besonders“), sah sie mit dem Frauenverband vor allem<br />

die Stipendienstiftung bedroht. 196 Um seine Selbständigkeit<br />

zu sichern, gewann sie einige Damen mit großen<br />

Parteinamen für die Arbeit des Frauenverbandes, so die<br />

Ehefrau von Reichsinnenminister Wilhelm Frick, die das<br />

Amt einer Ehrenvorsitzenden übernahm. Über diese Ver-<br />

196 Hamann, Winifred <strong>Wagner</strong>, S. 262-263.<br />

197 Wilberg, Protokollbücher, S. 182.<br />

198 Abdruck der Satzung in: Wilberg, Protokollbücher, S. 331-336.<br />

bindung erreichte der <strong>Verband</strong> anscheinend die Zusicherung<br />

der Selbständigkeit, die die Reichsvorsitzende Marianne<br />

Lange im Namen des Innenministers auf der Leipziger<br />

Hauptversammlung 1934 verkünden konnte. Auch der Stipendienvater<br />

Friedrich von Schoen bestätigte in seinen Lebenserinnerungen,<br />

dass der „RWVdF“ zusammen mit der<br />

„<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> Stipendienstiftung“ als „einmalige und<br />

einzigartige Organisation“ von Frick die Gewährleistung<br />

für die Unabhängigkeit erhalten hätte. Er führte aus: „Im<br />

Auftrage des Führers teilte mir der bayerische Ministerpräsident<br />

Siebert, an den ich mich deshalb gewandt hatte mit,<br />

daß zwar der Führer eine Erhöhung der Stiftung nicht für<br />

nötig halte, er aber auch in Zukunft bei allen Bayreuther<br />

Festspielen für Förderung ihres Besuches und insbesondere<br />

zur Ermöglichung der Teilnahme von bedürftigen „Musikinteressenten“<br />

und Studierenden das seine tun wolle;<br />

er habe M 300.000,- für diesen Zweck bereitgestellt, im<br />

letzten Festspieljahr habe er von sich aus den Betrag von M<br />

100.000,- gegeben und die gleiche Summe werde er auch<br />

den diesmaligen Festspielen zuwenden. Das sei viel mehr,<br />

als mit unserer Absicht erreicht werde.“ 197<br />

Mit Verweis auf die enge Verbindung zur Stipendienstiftung<br />

konnte die Unabhängigkeit des „RWVdF“ zwar vorläufig<br />

gewahrt werden. Sie verhinderte jedoch nicht die<br />

Ausschaltung demokratischer Strukturen innerhalb des<br />

<strong>Verband</strong>es nach Vorbild des „Führerprinzips“.<br />

Die Satzung von 1913 wurde entsprechend geändert und<br />

auf der eben erwähnten Leipziger Hauptversammlung von<br />

1934 verkündet und angenommen. 198 Der Vorstand wurde<br />

zwar weiterhin alle fünf Jahre von der Hauptversammlung<br />

gewählt, doch konnte die nun mit neuem Titel versehene<br />

„Reichsvorsitzende“ ihre Kolleginnen jederzeit abberufen.<br />

Mit einem fünf- bis zehnköpfigen <strong>Verband</strong>sbeirat, dessen<br />

Mitglieder allein durch die Reichsvorsitzende ernannt und<br />

abgesetzt wurden, schuf man zudem ein vom Vorstand<br />

unabhängiges und allein der Führung verpflichtetes Konkurrenzorgan.<br />

Auch für die allgemeine Vereinstätigkeit bestimmte<br />

§ 4 nunmehr: „Die Reichsvorsitzende führt den<br />

<strong>Verband</strong> allein. Die übrigen Vorstandsmitglieder können<br />

ihren Anordnungen nicht widersprechen.“ Noch deutlicher<br />

setzten sich auf unterer Ebene die Vorstellungen des<br />

NS-Staates von der uneingeschränkten Macht der obersten<br />

Führung durch: „Über die Bildung der Ortsgruppen<br />

bestimmt allein die Reichsvorsitzende…Die Ortsgruppenvorsitzende<br />

wird von der Reichsvorsitzenden des Vereins<br />

auf unbestimmte Zeit berufen und kann jederzeit von ihr<br />

wieder abberufen werden. Die Mitglieder der Ortsgruppen<br />

können Vorschläge machen. Die Ortsgruppenvorsitzende<br />

ist nur der Reichsvorsitzenden verantwortlich und verpflichtet,<br />

deren Anordnungen zu befolgen.“ Der Einfluss<br />

der Mitglieder auf die Wahl ihrer Ortsgruppenvorsitzenden<br />

war damit komplett ausgeschaltet. Auch vor Ort erhielt die<br />

von der Reichsvorsitzenden eingesetzte Vorsteherin unbeschränkte<br />

Vollmacht: „Die Ortsgruppenvorsitzende führt<br />

die Ortsgruppe selbständig. Sie beruft ihre Mitarbeiterinnen.<br />

Das Geld der Ortsgruppe ist von einer oder mehreren<br />

Geldverwalterinnen zu verwahren.“<br />

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