Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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zu seinen aktivsten Förderern, sodass der Komponist selbst<br />
einmal feststellen musste: „Mit Frauenherzen ist es meiner<br />
Kunst noch immer gut gegangen und das kommt daher,<br />
dass es den Frauen schwierig fällt, ihre Seelen verledern zu<br />
lassen, sie nehmen alles offener und unbedingter auf, um<br />
es durch ihr Mitgefühl zu verschönern.“ 91<br />
Für den Aufbau eines Frauenvereins gewann Siegmund Benedict<br />
eine alleinstehende Musiklehrerin aus der Geburtsstadt<br />
des „Meisters“, Anna Held. Noch bis zum Jahresende<br />
1908 gelang es ihr, eine kleine Schar interessierter Frauen<br />
in Leipzig zu vereinen, der sich fast gleichzeitig auch<br />
ein Ortsverein in Dresden zugesellte. Dieser erließ zum<br />
Jahreswechsel 1909 einen Aufruf, der die Ziele des künftigen<br />
<strong>Verband</strong>es zusammenfasste und binnen vier Wochen<br />
einen Mitgliederzuwachs von 80 Personen brachte. Er sei<br />
hier im Wortlaut wiedergegeben:<br />
„Nur fünf Jahre sind noch Zeit, um den einzig würdigen<br />
Nationaldank zum 100. Geburtstag <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s vorzubereiten;<br />
und noch ist kaum ein Drittel der als notwendig<br />
veranschlagten Summe beisammen. Um einigermaßen<br />
im Sinne des Meisters wirken zu können, muss sein letztes<br />
Vermächtnis, das er seinen Freunden ans Herz legte, die<br />
Bayreuther Stipendienstiftung, auf eine Million Mark gebracht<br />
werden. Aus ihren Zinsen werden würdigen, aber<br />
minderbemittelten Kunstfreunden je nach Bedürfnis Freiplätze,<br />
Reise- und Aufenthaltskosten in Bayreuth gewährt.<br />
Sollte es da nicht Aufgabe der deutschen Frau sein, für den<br />
großen Verherrlicher des deutschen Frauenideals und für<br />
91 Wilberg, Protokollbücher, S. 127.<br />
92 Wilberg, Protokollbücher, S. 318 f.<br />
93 Wilberg, Protokollbücher, S. 16.<br />
94 Wilberg, Protokollbücher, S. 327.<br />
die Verwirklichung seines Lieblingsgedankens in ebenso<br />
tatkräftiger Weise einzutreten wie seinerzeit für die Erweiterung<br />
der Schillerstiftung? Der „Schillerverband deutscher<br />
Frauen“ hat von 1900 –1905 durch kleine Jahresbeiträge<br />
von einer Mark an, die tausende von Frauen ohne<br />
das geringste Opfer zu leisten vermögen, ein Kapital von<br />
220.000 Mark angesammelt. Was hier möglich war, muss<br />
einem „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher Frauen“ auch<br />
gelingen: ist doch das Bestreben, den geistigen Hunger unserer<br />
minderbemittelten aber kunstbedürftigen Landsleute<br />
zu stillen, gewiss nicht geringer zu bewerten als die Verminderung<br />
materieller Notlagen.<br />
Zu diesem Zwecke hat sich von Leipzig aus ein solcher<br />
„<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher Frauen“, unter provisorischer<br />
Leitung von Fräulein Anna Held gebildet und<br />
kürzlich ein zu diesem gehöriger, aber selbständiger Dresdener<br />
Ortsverein dieses <strong>Verband</strong>es. Dieser richtet nun an<br />
alle deutsche Frauen die herzliche Bitte, sich – eingedenk<br />
der Stunden, da <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s Kunst ihre Seele hoch<br />
emportrug über den Alltag – mit einem ihren Mitteln entsprechenden<br />
Jahresbeitrag an dieser Sammlung zu beteiligen<br />
und nach Kräften für unsere Sache zu wirken …“ 92<br />
Am 13. Februar 1909 trafen sich erstmals 28 Mitglieder zur<br />
Vorbereitung der offiziellen Vereinsgründung in Leipzig.<br />
Bis Mai 1909 entstanden außerhalb Leipzigs und Dresdens<br />
weitere Ortsgruppen in Altenburg, Chemnitz, Dresden,<br />
Magdeburg, München, Naumburg und Nürnberg,<br />
während die Mitgliederzahl in ganz Deutschland auf rund<br />
600 stieg. 93 Den offiziellen Gründungstag des „<strong>Richard</strong><br />
<strong>Wagner</strong>-<strong>Verband</strong>es deutscher Frauen“ bildete der 26. Mai<br />
1909, als eine Reihe von Mitgliedern im Leipziger Palmengarten<br />
zusammentrat und einen von der Ortsgruppe<br />
Nürnberg vorgelegten Satzungsentwurf annahm. Als<br />
Zweck legte der <strong>Verband</strong> fest, „der <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> –<br />
Stipendienstiftung bis zum Jahre 1913 immer neue Mittel<br />
zuzuführen, teils durch Jahresbeiträge, teils durch Aufrufe,<br />
teils durch festliche Veranstaltungen im Geiste <strong>Richard</strong><br />
<strong>Wagner</strong>s.“ 94 Die Tätigkeit war zunächst befristet, sodass<br />
für den 1. Juli 1913 die eigene Auflösung bestimmt wurde.<br />
Organe des <strong>Verband</strong>es waren der Vorstand und die<br />
Hauptversammlung, welche einmal jährlich mit Vertretern<br />
aller Ortsgruppen zusammentrat. Zur ersten Vorsitzenden<br />
des Gesamtverbandes wählte die Versammlung Margarethe<br />
Strauß aus Magdeburg, die ihr Amt bis 1914 ausübte,<br />
um daraufhin die Geschäftsführung der Stipendienstiftung<br />
zu übernehmen. Durch diese Positionen, ihre energische<br />
Persönlichkeit und ihre enge Verbindung zum Haus <strong>Wagner</strong><br />
verschuf sie dem „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong> deutscher<br />
Frauen“ vor allem in den krisenhaften Anfangsjahren einen<br />
enormen Rückhalt. Anna Held, die Gründerin des <strong>Verband</strong>es,<br />
übernahm zunächst die Aufgabe der ersten Schriftführerin<br />
und von 1910 bis 1924 das Amt der Schatzmeisterin.<br />
Durch Krankheit geriet sie zu ihrem Lebensende in bittere<br />
Armut und verstarb 1936 in Bonn.<br />
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