Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV
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Nachdem das Vermögen durch die kriegsbedingte Tatenlosigkeit<br />
noch einmal auf 800.000 Reichsmark angewachsen<br />
war, folgte mit der Währungsreform im Juni 1948<br />
der zweite finanzielle Einbruch nach der Inflation 1923.<br />
Wieder einmal war die unermüdliche Sammeltätigkeit des<br />
<strong>Wagner</strong>verbandes mit einem Schlag vernichtet worden.<br />
Dennoch schuf die neue Währung der „Deutschen Mark“<br />
eine verlässliche Grundlage für die Wiedereröffnung der<br />
Bayreuther Festspiele und gab damit auch den Mitgliedern<br />
des „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong>es“ neuen Elan, für die Neuausstattung<br />
der Stipendienstiftung Sorge zu tragen.<br />
Mit der Sicherung der Festspielstätten als privates Familienerbe<br />
in den Händen von Wieland und Wolfgang <strong>Wagner</strong><br />
1949 konnten die Vorbereitungen der ersten Nachkriegsfestspiele<br />
beginnen. 1951 öffneten die Bayreuther Festspiele<br />
mit einer radikalen Neuinszenierung des „Parsifals“ durch<br />
Wieland <strong>Wagner</strong>, die traditionsbewusste <strong>Wagner</strong>ianer<br />
empören ließ, zugleich aber den künstlerischen Weg in die<br />
Zukunft wies. Die „Werkstatt Bayreuth“ wurde wieder zu<br />
einem innovativen Bestandteil des internationalen Kulturlebens<br />
und erschloss das <strong>Wagner</strong>sche Werk neuen Kunst-<br />
interessierten. Der Wiedereröffnung der Bayreuther Festspiele<br />
1951 fieberte man auch in <strong>Minden</strong> entgegen, wo<br />
sich die Lokalpresse intensiv mit dem bedeutsamen Kulturereignis<br />
beschäftigte. So stellte sich selbst der <strong>Minden</strong>er<br />
Stadtchronist Paul Keber in den Dienst der Werbung für die<br />
neu entstehenden Festspiele und veröffentlichte im Januar<br />
1951 einen Artikel über „Das Bayreuth <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s“.<br />
Kurz darauf versuchte Keber die allgemeine Aufmerksam-<br />
keit in seinem Sinne zu nutzen und schlug mit Hinweis auf<br />
die lange <strong>Wagner</strong>tradition der Stadt <strong>Minden</strong>, wenn auch<br />
vergeblich, die Umbenennung eines Teiles des „Mittelweges“<br />
in „<strong>Richard</strong>-<strong>Wagner</strong>-Straße“ vor. 268<br />
Auch für den „<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> <strong>Verband</strong>“ bedeutete das<br />
Wiederaufleben der Bayreuther Festspiele eine Sinnfindung,<br />
konnte man nun doch wieder über die Stipendienstiftung<br />
seinen eigentlichen Zielen dienen und junge,<br />
unbemittelte Musikfreunde an den Festspielen teilhaben<br />
lassen. So entsandte der Ortsverband <strong>Minden</strong> für die ersten<br />
Festspiele 1951 die stattliche Zahl von 11 Stipendiaten,<br />
die anders als vor dem Zweiten Weltkrieg auch namentlich<br />
bekannt sind:<br />
Werner H. Schmack<br />
<strong>Minden</strong><br />
Erika Contag<br />
<strong>Minden</strong>, vorher Studentin in Jena<br />
Käthe Bloem<br />
Konrektorin, <strong>Minden</strong><br />
Sigrid Schlüter<br />
Musiklehrerin, <strong>Minden</strong><br />
Gerhard Brand<br />
<strong>Minden</strong><br />
Paul Wimmer<br />
<strong>Minden</strong>, Musikdirigent<br />
Wilfried Majewsky<br />
Obermusikmeister des Heeres, <strong>Minden</strong><br />
Manfred Kranz<br />
Schüler aus Petershagen, Matthias-Claudius-Heim<br />
Hermann Kreutz<br />
Schüler aus Petershagen, Matthias-Claudius-Heim<br />
Eva Funk<br />
Hausberge<br />
Wilhelm Krieger<br />
Hausberge (wegen Trauerfall verhindert). 269<br />
Eine dieser <strong>Minden</strong>er Stipendiaten, die spätere Studienrätin<br />
Dr. Erika Contag, gab einige Monate später in der Lokalpresse<br />
eine anschauliche Darstellung ihrer Eindrücke<br />
von den ersten Festspielen der Nachkriegszeit: „Gleich<br />
bei der Ankunft auf dem Bayreuther Bahnhof umfing uns<br />
eine festfreudige Atmosphäre. Das erste Mal seit dem Kriege<br />
empfängt Bayreuth wieder Gäste aus aller Welt…Haus<br />
Wahnfried („Hier wo mein Wähnen Frieden fand…“) mit<br />
dem dahinterliegenden Grab <strong>Richard</strong> und Cosima <strong>Wagner</strong>s<br />
wird zur Pilgerstätte andächtiger Menschen. Der Festspielhügel<br />
aber, etwas außerhalb gelegen, ist zum Mittelpunkt<br />
der Stadt geworden. Mit magischer Gewalt zieht er<br />
268 <strong>Minden</strong>er Tageblatt vom 15.2.1951 („<strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong> und <strong>Minden</strong>“).<br />
269 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, Drucksachensammlung, G.14. (Schriftliche Angabe von Magda Kaßpohl an Dr. Paul Keber, ursprünglich Beleg V 398 der <strong>Minden</strong>er Stadtchronik).