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Festschrift - Richard Wagner Verband Minden eV

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Im ausgehenden Kaiserreich durften Musikstücke <strong>Wagner</strong>s<br />

auf keiner Veranstaltung fehlen. So erklang auch 1908 bei der<br />

Einweihung des Kreishauses an der Tonhallenstraße (heute Kommunalarchiv<br />

<strong>Minden</strong>) eine „Fantasie aus der Oper Tannhäuser“.<br />

10<br />

Um 1900 war <strong>Wagner</strong> allseits beliebt und wurde für<br />

ganz banale Anliegen adaptiert. Wie in anderen Städten<br />

schmückte sich seit 1909 auch eine Gaststätte am Markt<br />

in <strong>Minden</strong> mit dem Titel „Rheingold“.<br />

Als Carl Hermann Bitter seine Kritik verfasste, hatte die Auseinandersetzung<br />

zwischen Anhängern und Gegnern <strong>Wagner</strong>s<br />

bereits ideologische Züge angenommen. Spätestens<br />

seit der Eröffnung der Bayreuther Festspiele 1876 konnte<br />

sich niemand dem Künstler <strong>Wagner</strong> mehr entziehen, so-<br />

dass selbst der Kommunist Karl Marx seiner Tochter Jenny<br />

in einem Brief klagen musste: „Allüberall wird man jetzt<br />

mit der Frage gequält: „Was denken Sie von <strong>Wagner</strong>?“ 22<br />

Den Höhepunkt erreichte der Disput unter den Kunstinteressierten<br />

in den 1880er Jahren, in denen <strong>Wagner</strong> mit<br />

seinem „Parsifal“ und den sogenannten „Regenerationsschriften“<br />

noch einmal christlich-mystische Akzente gesetzt<br />

hatte, und die Anhänger nach dem Tod des „Meisters“<br />

besonders rege für die Fortführung und Sicherung der Bayreuther<br />

Ideen agierten und eine dogmatische <strong>Wagner</strong>lehre<br />

ausbildeten. Ab ca. 1890 trat mit der Etablierung der Festspiele<br />

und der allgemeinen Akzeptanz <strong>Wagner</strong>s eine Beruhigung<br />

des geistig-musikästhetischen Streites ein, während<br />

die Kritik um 1900 fast vollständig verstummte und <strong>Wagner</strong><br />

zu den beliebtesten und meistgespielten Komponisten<br />

auf der ganzen Welt aufrückte. Im ausgehenden Wilhelminischen<br />

Kaiserreich erfreute sich vor allem „Der Ring<br />

des Nibelungen“ größter Beliebtheit, die sich teils in recht<br />

freien Zitaten in Kunstwerken und Reden, teils aber auch<br />

in ganz banalen Adaptionen für Werbung und Alltagskultur<br />

niederschlug. 23 So schmückte sich auch in <strong>Minden</strong> ab<br />

1909 eine bekannte Gaststätte am Markt mit dem Namen<br />

des einleitenden Ring-Werkes „Rheingold“. 24 Ebenso fanden<br />

sich in <strong>Minden</strong> nun bei fast allen musikalisch untermalten<br />

Veranstaltungen Ausschnitte und Variationen aus<br />

den Werken <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s. So begleitete die Eröffnung<br />

des neuerbauten Ratsgymnasiums an der Immanuelstraße<br />

1880 der Festmarsch aus dem „Tannhäuser“ oder „Tannenhäuser“,<br />

wie der Schreiber der <strong>Minden</strong>er Stadtchronik<br />

noch unsicher-unwissend vermerkte. 25 Und bei der Einweihung<br />

des Kreishauses an der Tonhallenstraße im Jahr<br />

1908 kam – traditionsbewusst möchte man fast mit Blick<br />

auf die Anfänge der <strong>Wagner</strong>rezeption in <strong>Minden</strong> sagen –<br />

eine „Fantasie aus der Oper Tannhäuser“ zur Aufführung. 26<br />

22 Martin Gregor-Dellin, <strong>Wagner</strong> Chronik. Daten zu Leben und Werk, München 1972, S. 151.<br />

23 Veit Veltzke, Der Mythos des Erlösers. <strong>Richard</strong> <strong>Wagner</strong>s Traumwelten und die deutsche Gesellschaft 1871-1918,<br />

Stuttgart 2002, S. 64<br />

24 Im Gebäude Markt 22, wo später auch das Universum-Lichtspielhaus einzog. Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen,<br />

Bd. 50 Stadt <strong>Minden</strong>, Teil IV, Altstadt 3, Die Profanbauten, Teilband 2, Essen 2000, S. 1520.<br />

25 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, Chronik der Stadt <strong>Minden</strong> 1801-1884, S. 286.<br />

26 Kommunalarchiv <strong>Minden</strong>, Kreisausschuss <strong>Minden</strong>, Nr. 315.

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