WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
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insgesamt 99 Artikeln öffnen 4 den räumlichen Bezugsrahmen über Freiburg hinaus und<br />
stellen Referenzpunkte zu anderen Städten innerhalb der Bundesrepublik dar.<br />
Medien<br />
Was die überregionalen Medien anbelangt, so muss zunächst angeführt werden, dass<br />
es sich bei Wagenburgen um ein äußerst randständiges Thema handelt, welches durch die<br />
jeweiligen „Leitmedien“ ein- bis zweimal pro Jahr aufgegriffen wird. 121 Generell lassen sich<br />
hierbei zwei verschiedene Kategorien unterscheiden.<br />
Zum einen gibt es Berichterstattung der feuilletonistischen Art, die oftmals skurrile<br />
Einzelpersonen und deren alltägliche Lebenswelt beschreibt. Ironie, Emphase und<br />
Ambiguität dienen hier meist als Stil<strong>mit</strong>tel zur Bereicherung eines voyeuristischen Blicks in<br />
das Kleinod Wagenburg. Die Beschreibungen sind durchaus meist positiv besetzt, und<br />
attestieren der Wohnform Freiheit, Mobilität und eine verklärte Naturnähe rousseau’scher<br />
Prägung. Über eine negative Definition betrachtet, zeichnen sie sich durch den Ausschluss des<br />
Politischen aus. Interessenkonflikte und explizite Wertdarstellungen finden wenigen Raum in<br />
dieser Art der Darstellung. Enge Analogismen finden sich zu den positivistischen<br />
Meinungsbildern, wie sie die Öffentlichkeitsbefragung hervorbrachte (vgl.: ➣ 6.1.4).<br />
Auf der anderen Seite findet sich eine zweite, gänzlich andere, weniger zugewandte<br />
Art der Berichterstattung. Der exotische Alternativismus der ersteren Darstellungsweise wird<br />
hier in ein asoziales Außenseitertum überspitzt, von welchem eine Bedrohung oder gar<br />
Gefahr für „die Allgemeinheit“ ausgeht. Drogenabhängigkeit, Alkoholismus und<br />
Obdachlosigkeit werden nicht als gesamtgesellschaftliches Problemfeld dargestellt, sondern<br />
dienen hierbei als Kriterium zur ausgrenzenden Diffamierung der Bewohner. Kriminalität und<br />
Rechtsbruch wird per Ferndiagnose als inhärente Struktur <strong>einer</strong> Wagenburg freigelegt. Zeigt<br />
sich das Wagenleben bei der wohlwollenden Berichterstattung noch als leicht polygames<br />
Nebeneinander auf der Schafsdecke im Mahagoni-Zirkuswagen, so weicht diese Darstellung<br />
nun einem qualmig rußenden Ölofen in einem zugigen Bauwagen samt vereinsamtem<br />
Alkoholiker.<br />
Beiden überregionalen Berichterstattungen gelingt es gleichsam nicht, politische<br />
Aspekte und einen weiteren Kontext einzublenden. Beide verbleiben Unterhaltung. Einen<br />
Versachlichungsbeitrag zu einem Interessen- oder Wertekonflikt leisten beide Perspektiven<br />
nicht – was hierbei gleichsam bedeuten müsste: den Raum, als zentralen Träger der<br />
Kulturerscheinung, in die Betrachtung <strong>mit</strong> einzubeziehen.<br />
121 Recherche über das digitale Archiv Medienport.de, welches sämtliche Artikel aller<br />
größeren Tages- und Wochenzeitungen sowie Zeitschriften entgeltlich bereithält. Zur Suche<br />
wurden folgende Stichworte eingegeben: Bauwagen, Bauwagenplatz, Wagenburg,<br />
Wagenburgplatz, Alternatives wohnen. 433 Treffer insgesamt. 6 adäquate themenbezogene<br />
Artikel der letzten fünf Jahre bei Bildzeitung, Focus, Süddeutscher Zeitung und Zeit wurden<br />
daraufhin analysiert.<br />
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