WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
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1 Einleitung<br />
Einleitung<br />
Für Menschen, die in umgebauten Wagen wohnen, ist der Raum das größte Problem.<br />
Nicht dass es ihnen an Platz in den kleinen multifunktionalen Einzimmerlösungen auf Rädern<br />
mangelt. 8 bis 22 Quadratmeter stellen offensichtlich genügend Wohnraum dar, ohne sich<br />
beengt zu fühlen. Die Küche einen Meter neben dem Schreibtisch und das Bett gleich neben<br />
dem Ofen lassen immer noch Platz für ein Bücherregal dazwischen. Doch 357.092<br />
Quadratkilometer deutsche Republik und im speziellen 2076 Städte scheinen zu klein zu sein,<br />
um burgartig angeordneten Wagen Raum zu geben.<br />
Worauf gründet dieses Verhältnis zwischen Stadt und Wagenburgkultur? Lässt es sich<br />
vereinfachen auf die geringe Geschossflächenzahl und den daraus resultierenden anti-urbanen<br />
Charakter des Wagens? Oder differenziert es sich in weitere, nicht arithmetisch zu erfassende<br />
Bereiche auf, welche das Sein der Kulturform auf Rädern bedingen? Was charakterisiert<br />
Wagenburgkultur in<strong>mit</strong>ten <strong>einer</strong> steinarchitektonischen Stadtlandschaft?<br />
1.1 Ein kulturgeographisches Thema<br />
Welche Wissenschaft könnte sich besser dieses Phänomens annehmen als eine<br />
Wissenschaft vom Raum – als die Geographie, genauer gesagt die Kulturgeographie, welche<br />
traditionell die Wechselwirkung von Mensch und Raum betrachtete und sich seit geraumer<br />
Zeit eines Besseren besinnt und Mensch, Raum und Kultur als einen Bestandteil der<br />
konstruktivistischen Betrachtung der conditio humana sieht. Ein so genannter cultural turn<br />
erneuert auch die Grundverständnisse dieser Empirie. Alte Dichotomien von Kultur und<br />
Natur, Subjekt und Objekt, werden dekonstruiert. Ankerpunkte lösen sich und Theoreme aus<br />
Semiotik, Netzwerktheorie, Lebensstilanalyse, Linguistik und Neu- Historizismus betreten<br />
und erweitern die geographische Forschung. Nietzsche, Lukmann, Habermas aber auch<br />
französische Autoren wie Foucault, Saussure, Derrida oder Barthes bilden hierbei die Spitze.<br />
(u.a.: GEBHARDT 2003)<br />
Eine Stärke verblieb der Geographie, auch wenn sich die Hermeneutik um zwei<br />
Himmelsrichtungen drehte. Es ist ihre inhärente, strukturelle Bedingtheit – kurz, das<br />
Zusammendenken der unterschiedlichsten Ansätze, wo<strong>mit</strong> sich die Geographie seit<br />
Humboldt’ Gedenken als die umgekehrte Philosophie darstellt. Denn, bereichert und bedient<br />
die Philosophie alle universitären Disziplinen – so hat die Geographie die Möglichkeit, sich<br />
aller zu bedienen und sie zusammen zu führen in der einen scheinbar standhaften Kategorie<br />
des Raumes. 2 Oder anders gesagt: zeichnet sich die Philosophie durch Diskursspeisung aus,<br />
so definiert sich die Geographie durch Diskursbündelung.<br />
2 trotz: Geodeterminismusdebatte und des Vorwurfs der Fundamentalontologie <strong>mit</strong><br />
Absolutheitsanspruch.