WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
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Lebenswelt<br />
Lebens<strong>mit</strong>teln täglich ergänzt. Die hier angebotenen Nahrungs<strong>mit</strong>tel stellen eine<br />
kostenneutrale Grundversorgung dar, auf welche alle Bewohner zur Ergänzung oder Deckung<br />
des täglichen Bedarfs zurückgreifen können. Frischwasser wird täglich zentral an einem<br />
angezapften Hydranten entnommen. Die Stromversorgung liegt in Form von Solarpanel auf<br />
jedem Wagendach. Internet ist über ein Funknetz bereitgestellt. Fast jeder Bewohner verfügt<br />
noch einmal über eine eigene Kochstelle <strong>mit</strong> Gas. Auch werden manche Wagen in den<br />
Wintermonaten <strong>mit</strong> Gas beheizt, wobei die Mehrzahl der kleinen Räumlichkeiten <strong>mit</strong> Holz in<br />
selbsteingebauten gusseisernen Öfen erwärmt werden. Wöchentlich findet eine<br />
basisdemokratische Plenarsitzung statt, wobei alle Bewohner dasselbe Stimmrecht besitzen<br />
und die verschiedensten Belange über Diskussion zum einstimmigen Konsens gebracht<br />
werden.<br />
Abschließend bleibt festzuhalten, dass all die Wesensmerkmale der Postmoderne sich<br />
hier am anschaulichsten manifestieren und sich in den semi-strukturierten Interviews<br />
widerspiegeln (Gesamte Transkription siehe Anhang ➣ 6.2.3 und 6.2.4). Ehemalige staatliche<br />
Dienstleistungen werden dezentral in Eigenregie erbracht; es tritt eine Entmischung der<br />
urbanen Gesellschaft nach Lebensstilmilieus ein; Ästhetisierung der Lebenswelt durch<br />
selbständige Gestaltung der Wägen und der un<strong>mit</strong>telbaren Umwelt, bei <strong>einer</strong> gleichzeitigen<br />
Verwerfung von Stiltreue. Das traditionelle Familiengefüge wird um Patch-work-<br />
Verbindungen erweitert. Es findet eine spielerische Herausforderung des Ordnungssystems<br />
durch Protest- und Aktionsformen statt. Gleichzeitig vollzieht sich eine Abkehr vom<br />
makropolitischen Sektor und eine Zuwendung zu den verschiedensten sozialen<br />
Bewegungssektoren der Mikro- und Subpolitik. Partizipation und prozesshaftes<br />
Experimentieren zeichnen vielfach die Abkehr von einem positivistischen Fortschrittsglauben<br />
aus. Konsumvermeidung und nachhaltige Ressourcennutzung stehen bei vielen als<br />
Handlungsmaxime im Zentrum. Als Gegenhorizont zum Wagen zeigt sich das gesamte<br />
Spektrum der Wohnraumversorgung vom sozialen Wohnsilobau der sechziger und siebziger,<br />
über städtische Mietshäuser bis hin zum Einfamilienhaus.<br />
Abb. 26 - 27: Präsentation im Citybereich vor dem Freiburger Konzerthaus 75<br />
75 Quelle: http://de.indymedia.org/2006/07/152763.shtml<br />
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