WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Lebenswelt<br />
Abb. 29 - 31: Ehemalige Schießzeilen <strong>mit</strong> Gemeinschaftshütte, Wohn- und Bauwägen (Quelle: eigen Jan./2007)<br />
Karlheinz, Diddi, Pitt (Mitte 40 bis Anfang 60 - Arbeitslos), Sonntag, 28. Januar 2007, 15:30 Uhr<br />
F: Wie oft bemerkst du, dass du in keinem Haus wohnst?<br />
K: Eigentlich jeden Tag. (2) Ich merk jeden Tag, dass ich in keinem Haus wohn. Weil ich am<br />
Morgen aufstehen kann und hab meine Ruhe, ich werd nicht angeblökt, ich bin zufrieden, ich<br />
steh auf, mach mein Kaffee selber und werd nicht angemotzt von der Nachbarschaft oder so.<br />
Ich hab einfach meine Ruhe. Ich merk es also jeden Tag.<br />
F: Wieso entstand die Wagenburg an diesem Platz?<br />
K: Das Wieso ist eigentlich ganz einfach. Die Frage ist eigentlich überflüssig. Weil die Leute<br />
auf die Straße fliegen, sei es durch Scheidung, seis durch Arbeitsverlust und fliegen auf die<br />
Straße, und kriegen dort keine Möglichkeiten und suchen sich dann halt Alternativen. Und<br />
dann möchte ich jetzt den Diddi bitten hier weiter zu sprechen, wie er zu so nem Ding<br />
[Bauwagen] hier kommt.<br />
D: Ich war <strong>einer</strong> von den ersten hier. Ich hatte einen grünen Wohnwagen, da<strong>mit</strong> stand ich<br />
zuerst auf dem Parkplatz da oben. Dann kamen die Zigeuner und als die dann gingen, musste<br />
ich dann auch gehen. Ich wäre weggeräumt geworden. Und dann kam ich hier her. Hier war<br />
alles zugewachsen, es gab noch ne Hütte von den Franzosen und dann bin ich zwangsweise<br />
hier herein gezogen. Vor die Hütte. (2) Dann war ich nicht mehr auf Stadtgelände, sondern<br />
auf Bundeseigentumsgelände, also das gehört jedem.<br />
K: Und so haben wir eine Duldung bekommen. So haben wir einfach ne Chance gekriegt. Das<br />
sind nun knappe drei Jahre. Und es funktioniert. Wir haben uns irgendwie gefunden. (...)<br />
Ohne Betreuung, ohne alles. Mir hatten bewiesen, dass das funktioniert. Dass nicht irgend ein<br />
Hansele, der überhaupt nicht weiss was Obdachlosigkeit ist, hier zu bestimmen hat. Und das<br />
ist uns ganz wichtig. Denn ich sag mir immer. In jedem Beruf musst du ein Praktikum<br />
machen vor Ort, dann sollen bitte solche Leute, die über solche Sachen entscheiden, bitte<br />
Praktikum machen über den Winter bei uns hier. Dann kann er <strong>mit</strong>reden. (2) Das ist einfach<br />
meine persönliche Einstellung. Ich weiß nicht wie die andern denken.<br />
F: Welche Freiheiten hat man denn hier?<br />
60