WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
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Lebenswelt<br />
Teilnahme bei Demonstrationen stützend wirkt. Finanzielle Mittel eines gemeinsamen<br />
Wagenburgkontos können in Anspruch genommen werden, welches sich aus vielen<br />
selbstverwalteten Plätzen in ganz Deutschland speist.<br />
Ein Blick auf die Binnenstruktur der Gruppe zeigt, dass sich die Bewegungsmomente<br />
der einzelnen unterschiedlichen Freiburger Wagenburgen eingeschrieben haben und sich<br />
hierdurch eine äußerst heterogene Zusammensetzung ergeben hat. Der Altersdurchschnitt<br />
liegt bei circa 25 Jahren. Neben Studenten befinden sich hier ehemalige Obdachlose,<br />
Krankenschwestern, Arbeitslose, Kindergärtner, Schüler, Selbständige, Azubis, Frührentner<br />
und mehrere Kinder. Kleinfamilien und All<strong>einer</strong>ziehende sind gleichermaßen vertreten.<br />
Single stellen die größte Subgruppierung dar.<br />
Im Vergleich zu allen anderen Freiburger Wagenburgen ist der Anteil an umgebauten<br />
LKW und Bussen hier am höchsten. Diese sind von den Besitzern kunstvoll verziert und in<br />
Eigenregie ausgebaut worden. Neben den erhöhten Wohnkosten durch Steuer und<br />
Versicherung bietet diese Wohnform einen ungebundeneren und flexibleren Lebensstil. Mit<br />
Hilfe der motorisierten Wohneinheiten können Wagenburgen kurzfristig verlassen und andere<br />
Plätze im innerdeutschen Raum, aber auch in europäischen Nachbarländern angefahren<br />
werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich für eine gewisse Zeit von der Gruppe zu<br />
entfernen und rurale Gebiete oder andere urbane Räume anzufahren. Gerade dieses<br />
ungezwungene Verbleiben an einem Ort oder auch innerhalb <strong>einer</strong> Gruppe wird von vielen als<br />
Freiheit und dynamischer Entwicklungsprozess verstanden. So können sich Phasen <strong>einer</strong><br />
intensiven Gruppenzugehörigkeit <strong>mit</strong> Phasen eines ere<strong>mit</strong>enhaften Einzellebens abwechseln<br />
und ergänzen.<br />
Der Platz selbst wurde erst Ende 2006 (Pachtvertragsende 2011) bezogen und so<strong>mit</strong><br />
sind die infrastrukturellen Einrichtungen noch im Aufbau begriffen. Zunächst mussten die<br />
beiden Plätze von Holzresten gesäubert werden. Wege aus Kies wurden angelegt, zwei<br />
Baustellentoiletten angemietet, welche jedoch langfristig durch Kompost und Hochklos<br />
ersetzt werden sollen. Eine Umzäunung hin zur Lkw-Durchfahrt 73 entstand zusammen <strong>mit</strong><br />
selbstgeschweißten Toren. Eine Bühne auf der Basis eines alten Bauwagens wurde errichtet.<br />
Gemeinsame Projekte sind geplant wie: ein Kinderzirkus, eine Töpferecke und eine<br />
Schr<strong>einer</strong>werkstatt. Ein Küchenwagen dient bereits jetzt zum Zubereiten gemeinsamer<br />
Mahlzeiten (kurz: Vokü für Volksküche). Platzbewohner, die in der Gastronomie, in<br />
Krankenhäusern oder im Lebens<strong>mit</strong>telhandel arbeiten, bringen nach Feierabend die<br />
Überproduktion eines Tages <strong>mit</strong> und legen sie auf einen kollektiven „Marktstand“<br />
(DoItYourself-Shop). Dieser wird darüber hinaus <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Auswahl an containerten 74<br />
73 Tempo 50 stellt insbesondere eine Gefährdung für Kinder dar.<br />
74 Moderne Form der Nachlese, wobei industriell gefertigte Lebens<strong>mit</strong>tel <strong>mit</strong> Druckstellen<br />
oder un<strong>mit</strong>telbar abgelaufenem Verfallsdatum aus den Containern von Lebens<strong>mit</strong>telfabriken<br />
oder Supermärkten geholt werden. Diese noch genießbaren Lebens<strong>mit</strong>tel werden in<br />
Großstädten oftmals in einem informellen Wirtschaftskreislauf nochmals untereinander<br />
ausgetauscht.<br />
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