WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
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➣ 6.2.6<br />
J: Ja, in den letzten beiden Jahren schon. Einiges. Die Stadt wurde immer intoleranter<br />
gegenüber anders Denkenden. Früher hatten wir, auch grad in der Innenstadt, dass Leute auch<br />
eher geduldet waren. Heutzutage wirst du aus der Stadt nur noch verjagt. Wenn du irgendwo<br />
hockst, in ner größeren Gruppe. Und auch die Politik, seit wir den grünen Oberbürgermeister<br />
haben, ist auch richtig gegen anders denkende Leute, und alternativ lebende Menschen<br />
ausgelegt worden. Er hat auch mal in ner Gemeinderatssitzung den Spruch losgelassen, wo es<br />
um unsere Platzräumung ging, dass man für solche Leute doch die Seuchenpolizei schicken<br />
sollte. Und das von nem grünen Oberbürgermeister. Und er hatte ja auch mal gesagt, grüne<br />
Politik heißt nicht direkt auch linke und soziale Politik, das heißt Umweltpolitik. Und seit er<br />
da ist, ist einiges vieles schlimmer geworden. Und auch gerade das Vorgehen der Polizei<br />
gegenüber Wagenbewohner, Obdachlose, sonstige Leute, die auf der Straße sind oder anders<br />
leben, wird auch immer brutaler.<br />
F: Wie sieht es aus, wenn man in der Innenstadt sein möchte?<br />
J: Wenn man <strong>mit</strong> drei, vier Leuten an einem Platz steht, ne Decke für die Hunde ausgebreitet<br />
hat oder sonst was, dann ist das illegales Lagern. Und das verstößt gegen die öffentliche<br />
Sicherheit und Ordnung und gibt ne Anzeige. Und es gibt nen sofortigen Platzverweis. Es gibt<br />
auch mehrere Leute, die haben jetzt auch schon Innenstadtverbote direkt, die dürfen sich nur<br />
noch um das Nötigste zu besorgen in der Innenstadt aufhalten, wenn nicht, gibt es<br />
achtundvierzig Stunden Beseitigungsgewahrsam und ne erneute Anzeige und Bußgeld.<br />
F: Für wie lange ist so ein Innenstadtverbot ausgesprochen?<br />
J: Die sind meist für ein Jahr ausgesprochen.<br />
F: Stadtverbote gab es auch schon?<br />
J: Das gab es auch schon, Hauptsächlich bei DIY - Festival. Da ging es recht derbe ab,<br />
gerade <strong>mit</strong> Nicht - Freiburgern, oder Nicht - Deutschen; da wurde komplett für eine Woche<br />
verboten, das Stadtgebiet von Freiburg zu betreten. Das ist schon fast faschistoid. Da weiß ne<br />
Stadt genau, wie sie ihr Gewaltmonopol ausnutzen kann. Gegen die Leute, die dann<br />
Stadtverbot haben, wird nochmal richtig radikal vorgegangen. Aufs übelste geschlagen und<br />
geknüppelt. Was die Stadt hier gerade betreibt, das ist unter aller Sau. Jetzt ist der damalige<br />
Einsatzleiter auch noch in Ruhestand gegangen und der hatte früher eigentlich immer eher auf<br />
Deeskalation gesetzt, also kein Stress, da gab es bei den Demos eigentlich auch nie Ärger.<br />
Den haben sie aber vor zwei Jahren abgesägt, weil der nicht die baden-württembergische<br />
Linie gegenüber Leuten wie uns, vertreten würde. Und zu friedlich <strong>mit</strong> uns umgehen würde.<br />
F: Was wäre ein Ausweichplatz für hier?<br />
J: Es gibt keine Alternative. Die Stadt sagt direkt, wir werden keinen Wagenplatz bekommen.<br />
Sie werden uns räumen. Wir können ins Obdachlosenheim ziehen.<br />
F: Das ist die einzige Alternative, die von der Stadt vorgeschlagen wird?<br />
J: Ja, noch nicht einmal Obdachlosenunterkunft, sondern Notunterkunft.<br />
F: Was ist der Unterschied?<br />
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