WAGENBURGKULTUR IN DEUTSCHLAND - mit einer ... - Wagendorf
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Medien<br />
Kamera abgewandte Jugendliche, im Mittagslicht beim Bongospielen, Grillen und Biertrinken<br />
an einem qualmenden Feuer. Die Bildmontage wechselt zu Vater und Kind. Er fasst sie an der<br />
Nase und wiederholt seine Meinung. Ein Zoom fokussiert auf das Gesicht des Mädchens<br />
während sie bekundet, Spießer werden zu wollen. Er verschluckt sich beim Nippen an <strong>einer</strong><br />
alten Teetasse. Sein dreckiger Hals wird sichtbar. Als letzter Gegenschuss zu seinem Blick<br />
erscheint die schimmelbefallene Wand eines Bauwagens <strong>mit</strong> einem in leuchtenden<br />
Kinderfarben gemalten Haus darauf. Computergeneriert schwebt der Schriftzug <strong>einer</strong><br />
Bausparkasse herein.<br />
K<strong>einer</strong> der flüchtig und silhouettenhaft dargestellten Platzbewohner betätigt sich <strong>einer</strong><br />
Arbeit. Die gesamte Umgebung stellt ein wahlloses Sammelsurium dar, in welchem die<br />
klassische Familienstruktur der Werbung nicht auffindbar ist. Der Vater selbst erscheint<br />
apathisch, desinteressiert und verschmutzt. Das Kind hingegen dient als Identifikationsperson<br />
und Sympathieträger, welches aufgeweckt und lebhaft den Wunsch nach einem Haus<br />
verkörpert. Der Wagenplatz selbst fungiert als Gegenhorizont zum suggerierten Bedürfnis<br />
hiernach.<br />
Abb. 56 - 58: Von 2004 bis 2007 gesendete Konstruktion <strong>einer</strong> Wagenburg<br />
Die Bedeutung <strong>einer</strong> Selbstdarstellung durch Träger der Wagenburgkultur kann<br />
abschließend im gesamtgesellschaftlichen medialen Öffentlichkeitskontext vernachlässigt<br />
werden. Im Anschluss an mehrmals jährlich stattfindende deutschlandweite Wagentage<br />
erscheint ein ringbuchgebundenes Wagenburgmagazin namens Vogelfrai. Dieses versteht sich<br />
jedoch nicht als mediales Sendemedium an eine größere Öffentlichkeit, sondern lediglich als<br />
printmediale interne Kommunikation zur Vernetzung und Diskussion. Dem gegenüber steht<br />
ein frei zugängliches Internetportal wikipedialer Machart namens Wagenleben.de, welches die<br />
einzelnen Internetauftritte vieler innerdeutscher Wagenplätze verknüpft und darüber hinaus<br />
allen Benutzern die Möglichkeit bietet, selbst Artikel zu verfassen und einzufügen. Die<br />
Erweiterung um ein Diskussionsforum bietet Raum, um sämtliche Aspekte <strong>einer</strong> Lebenswelt<br />
im Wagen zu thematisieren, zu kommentieren und zu diskutieren. Das Buch, als das Medium<br />
der Moderne, verbleibt im Kontext der Wagenburgkultur an zweiter Stelle, weit hinter den<br />
hypermedialen Darstellungen im Medium der Postmoderne.<br />
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