Masterthesis - Socialnet
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2 Kontext des Qualitätsdiskurses in der Jugendhilfe 10<br />
2 Kontext des Qualitätsdiskurses in der Jugendhilfe<br />
Um die Aktualität, Relevanz und Einbettung des Themas zu skizzieren, muss eine<br />
große Distanz zurückgelegt werden: zwischen den Fundamenten des Sozialstaates 7<br />
sowie der Entwicklung der „Ökonomisierung des Sozialen“ und den Wahrnehmungen<br />
der Akteure 8 in der (öffentlichen) Jugendhilfe. Dennoch ist auch an dieser Stelle<br />
darauf hinzuweisen, dass die Entwicklungen einem komplexen Bedingungsgefüge<br />
unterliegen und die Differenzierung zwischen Wirkung und Ursache oftmals nicht<br />
präzise zu definieren ist 9 .<br />
Die Jugendhilfe ist sozialrechtlich gesehen der Fürsorge zuzuordnen und stellt einen<br />
integralen Bestandteil des umfassenden Sicherungssystems der Bundesrepublik dar,<br />
welches sich seit einigen Jahren einem tiefgreifenden Wandel konfrontiert sieht. Die<br />
Auswirkungen der sozialstaatlichen Transformation in ihren Grundfesten beeinflusst<br />
wiederum die Einstellungen und Handlungsstrategien der Jugendhilfeträger in<br />
direkter Weise. Auch der Wandel im staatlichen Selbstverständnis bedingt grund-<br />
legende Veränderungen in der politischen Steuerung, mit denen die Akteure der<br />
öffentlichen Jugendhilfe wie auch der freien Träger unmittelbar konfrontiert werden.<br />
Eine weitere bedeutsame Relevanz kommt den gesellschaftlichen Veränderungs-<br />
prozessen zu, die mit dem Terminus der „Ökonomisierung“ gefasst werden können,<br />
und eine ökonomisierte Soziale Arbeit zur Folge haben (vgl. Pothmann, 2003: 27).<br />
Zusammen machen sich diese Tendenzen im Feld der Jugendhilfe insbesondere<br />
durch einen Transfer von Konzepten und Modellen der Ökonomie bemerkbar 10 .<br />
2.1 Der Wandel des Sozialstaates<br />
Der Sozialstaat als deutsche Variante der wohlfahrtsstaatlichen Idee ist als ein<br />
Instrument zur Vermeidung von defizitären Lebenslagen zu beschreiben, das „markt-<br />
ausgelöste soziale Ungerechtigkeit“ (Böhnisch/Arnold/Schröer, 1999: 308) nicht nur<br />
7 „Unter dem Begriff Staat ist in einer synonymen funktionsbezogenen bzw. handlungsorientierten<br />
Bezeichnung das politisch-administrative System zu verstehen“ (Fischer, 2005: 14).<br />
8 „Der handelnde Aspekt von Organisationen und Institutionen kommt in dem vielfach zu<br />
verwendenden Begriff Akteur zum Ausdruck. Dahinter verbirgt sich das Vorgehen von bestimmten<br />
Personen, die im Auftrag ihrer Institution als Entscheidungsträger die Aushandlungsprozesse mit<br />
den Vertretern anderer Institutionen führen“ (Fischer, 2005: 14).<br />
9 Gerull differenziert das Bedingungsgefüge in gesellschaftliche, volkswirtschaftliche, sozialpolitische,<br />
betriebswirtschaftliche sowie fachliche und berufspolitische Faktoren (vgl. 2004: 11 ff.).<br />
10 Bei den nachstehenden Ausführungen zu der Entwicklung zum Post-Wohlfahrtsstaat sowie den<br />
gesellschaftlichen Ökonomisierungstendenzen gilt es zu berücksichtigen, dass diese Strömungen<br />
keinesfalls isoliert voneinander wirken, noch einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.