Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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4.2 Ringen um Qualität<br />
„Zu häßlich und zu laut“ – so beurteilte 1945 SMMT-Präsident<br />
Rootes die in Kriegszeiten gefertigte Version der <strong>Volkswagen</strong> Limousine<br />
und knüpfte daran seine düstere Prognose: „Ein Automodell<br />
wie dieses wird für zwei oder drei Jahre populär bleiben, wenn<br />
überhaupt“. 305 Über dessen zukünftige Entwicklung sollte Rootes<br />
sich täuschen. In den 1950er Jahren riss der <strong>Volkswagen</strong> die deutsche<br />
Gesellschaft aus ihrem automobilen Tiefschlaf und wurde als<br />
„rollendes Wirtschaftswunder“ zum Inbegriff des neuen deutschen<br />
Selbstbewusstseins. 306 Der Käfer entwickelte sich zum Exportschlager<br />
und brach 1972 mit 15.007.043 verk<strong>auf</strong>ten Modellen den<br />
legendären Erfolg der Ford’schen „Tin Lizzy“. Seine Symbolkraft<br />
und spätere Reputation lassen gelegentlich vergessen, dass der in<br />
den ersten Besatzungsjahren gefertigte <strong>Volkswagen</strong> den Standards<br />
englischer oder französischer Automobile in mancher Hinsicht<br />
nicht genügte. Zwischen der Nachkriegsversion und dem Wirtschaftswunder<br />
<strong>Volkswagen</strong> lagen wenn nicht Welten, so doch ein<br />
weites Feld substanzieller Verbesserungen. Für diesen Qualitätssprung<br />
leisteten das britische und deutsche Management in den<br />
ersten Nachkriegsjahren eine Sisyphusarbeit. Auf Fortschritte<br />
folgten unter den widrigen Rahmenbedingungen immer wieder<br />
Rückschläge. Denn mit schlecht verpflegten und untergebrachten<br />
Beschäftigten, fehlenden Facharbeitern, einem unsteten, durch<br />
Improvisationen geprägten Produktionsprozess sowie einer ungenügenden<br />
Materialgüte und -versorgung war das <strong>Volkswagen</strong>werk<br />
kaum in der Lage, ein Qualitätsprodukt herstellen.<br />
weichenstellungen der briten<br />
Britische Qualitätspolitik<br />
Eine hohe Fehlerquote und vielfältige Beanstandungen gehörten<br />
seit dem Serienanl<strong>auf</strong> der Limousine zum Tagesgeschäft. So mussten<br />
im Mai 1946 an 200 von 231 Wagen, die binnen drei Tagen produziert<br />
wurden, umfangreiche Reparaturarbeiten durchgeführt<br />
werden. Dass die Fehler überhaupt erkannt wurden, wertete Bryce,<br />
Chef der <strong>britischen</strong> Werksinspektion, einerseits als Erfolg. Andererseits<br />
wiesen die produzierten Mängel <strong>auf</strong> eine nicht hinreichende<br />
Inspektion der Fahrzeuge während der einzelnen Fertigungsschritte<br />
hin. 307 Deshalb hatte sich Hirst den Aufbau einer<br />
Qualitätskontrolle bereits Anfang 1946 <strong>auf</strong> die Fahne geschrieben.<br />
Mangels deutscher Fachkräfte betraute er mit dieser Aufgabe ein<br />
kleines Team von Unteroffizieren, das die britische Armee <strong>auf</strong> seine<br />
Bitte hin ins <strong>Volkswagen</strong>werk geschickt hatte. Vor allem aber<br />
Bryce, ein Metallurge, der als Inspektionsoffizier für Armeefahrzeuge<br />
über reichhaltige Erfahrungen <strong>auf</strong> diesem Gebiet verfügte,<br />
steuerte gute Ideen für die Qualitätsverbesserung der Fahrzeuge<br />
bei und entwickelte zusammen mit Hirst ein Fehlerrückmeldesystem.<br />
Die Inspektion sollte der deutschen Werkleitung unterstellt<br />
werden, sobald ein geeigneter Fachmann gefunden würde. 308 Jedoch<br />
verging mehr als ein Jahr, bis Helmut Orlich, der zuvor bei<br />
Opel in Rüsselsheim gearbeitet hatte, im Sommer 1947 seinen<br />
Posten als Inspektionschef antrat. 309 Z 69, Nr. 217_2<br />
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