Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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gen nicht eingehalten hatte, machte sich bei ihnen eine „passive<br />
Resistenz“ bemerkbar. Einige forderten fast täglich die ihnen<br />
versprochenen Fahrzeuge. Je näher die Währungsreform rückte,<br />
umso stärker verkam die überbewertete Reichsmark zu bloßem<br />
Papier. Eine Tauschwirtschaft machte sich breit, und viele Engpassmaterialien<br />
waren nur noch über Kompensationsgeschäfte<br />
zu besorgen.<br />
In stiller Übereinkunft mit der Hauptverwaltung Straßen und Verkehr<br />
in Bielefeld durften Autohersteller wie Daimler-Benz, Opel,<br />
Ford oder Büssing fünf Prozent der Produktion an ihre Zulieferfirmen<br />
abgeben. Dies wog schwerer als die „Mandatory-Priorität“ des<br />
<strong>Volkswagen</strong>werks, die <strong>auf</strong> Lieferanten immer weniger Eindruck<br />
machte. Das VAW bekundete, dass es Rohstoffe nicht zuweisen<br />
könne, weil keine mehr zur Verfügung stünden. Im Übrigen galt<br />
die Dringlichkeitsstufe weder für die Fertigungsindustrie noch<br />
reichte sie aus, um für die Stahlindustrie Auflagen zu erwirken.<br />
Für Textilzuteilungen beispielsweise war die Anerkennung der<br />
Dringlichkeitsstufe an die Auflage geknüpft, dass die Militärregierung<br />
den gesamten Materialwert in Dollar beglich. Die aber hatte<br />
abgelehnt, weil nicht alle Wagen für ihren Bedarf produziert wurden.<br />
263<br />
Bei der CCG standen Kompensationsgeschäfte nicht hoch im Kurs,<br />
obwohl der <strong>Volkswagen</strong> ein begehrtes Objekt war und gegen bis zu<br />
150 Tonnen Zement oder 200.000 Backsteine getauscht werden<br />
konnte. Diese halblegalen Praktiken billigte die CCG nur wider-<br />
der wandel zum marktunternehmen<br />
willig, wobei die berechtigte Befürchtung mitschwang, dass die<br />
zum Tausch bestimmten Fahrzeuge aus Materialien für das Besatzungsprogramm<br />
gefertigt würden. Nach mehreren vergeblichen<br />
Vorstößen erneuerte die Werkleitung Ende Juli 1947 ihre Forderung,<br />
einen bestimmten Prozentsatz der Produktion für die Lieferanten<br />
abzuzweigen. Höchste Eile gebot der Mangel an Baumaterialien,<br />
um das Werk winterfest zu machen. 264 Unter dem Druck des<br />
Materialnotstandes segnete Hirst den Vorschlag der Werkleitung<br />
ab und gab Anfang August 1947 Anweisung, aus gebrauchten Teilen<br />
schnellstens 30 Second-Hand-Wagen für die Lieferanten zu<br />
bauen. Dass hierfür auch neue Teile verarbeitet werden mussten,<br />
nahm Hirst in K<strong>auf</strong>. 265<br />
Weniger konziliant reagierte der Werksoffizier <strong>auf</strong> die Anmahnung<br />
des <strong>britischen</strong> Kontingents für das 3. Quartal. Wenn es nicht kurzfristig<br />
eingehe und die Militärregierung trotzdem <strong>auf</strong> Auslieferung<br />
von 1.000 Fahrzeugen bestehe, so Paulsen, dann müssten die Kontingente<br />
des Bergbaus und der deutschen Wirtschaft hierfür verwendet<br />
werden. Hirst kommentierte lapidar, es sehe „ernst aus für<br />
den Bergbau und die deutsche Wirtschaft“. 266 Münch verwies <strong>auf</strong><br />
das Bezugsrecht des Bergbaus, was Hirst mit der Drohung parierte,<br />
dass die Fahrzeuge requiriert werden könnten.<br />
Von Blechbeständen konnte inzwischen kaum mehr die Rede sein.<br />
Im Juli 1947 waren unter großer Anstrengung 1.025 Fahrzeuge<br />
über den Zählpunkt gebracht worden, um wenigstens den Bergbau<br />
für die zugeteilten Kontingente mit 25 Fahrzeugen zu beliefern.<br />
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